Schön und doch so gefährlich

Mystischer Nebel macht Norditalien im Herbst zur Gefahr

Samstag, 15. November 2025 | 07:28 Uhr

Von: idr

Mailand – Von November bis Februar versinkt Norditalien regelmäßig in dichtem Nebel. Was für Touristen romantisch und mystisch wirkt, wird für Einheimische zur täglichen Herausforderung – und manchmal zur Gefahr.

Die Poebene zwischen Mailand, Turin und Venedig verwandelt sich im Herbst und Winter in eine milchige Nebellandschaft. Schuld daran ist die geografische Lage: Die flache Ebene ist von den Alpen im Norden und den Apenninen im Süden eingeschlossen. Kalte Luft sammelt sich am Boden, während warme Luftschichten darüber liegen – eine perfekte Inversionswetterlage. Die Feuchtigkeit vom nahen Po und zahlreichen Flüssen tut ihr Übriges.

Das Resultat: Nebelbänke, die tagelang nicht weichen. Manchmal sinkt die Sichtweite auf unter zehn Meter. Kirchtürme verschwinden, ganze Dörfer werden unsichtbar, die Sonne bleibt wochenlang verborgen. Ein gespenstisches, aber auch faszinierendes Schauspiel.

Romantik trifft auf Realität

Für Besucher hat der Nebel durchaus seinen Reiz. Historische Städte wie Mantua, Cremona oder Pavia wirken im diffusen Licht wie aus der Zeit gefallen. Weinberge im Piemont oder Schlösser in der Emilia-Romagna bekommen eine märchenhafte Atmosphäre. Fotografen lieben das weiche Licht und die surrealen Stimmungen.

Doch für die Menschen vor Ort bedeutet die Nebelsaison vor allem Stress. Der Straßenverkehr wird zur Geduldsprobe: Auf der Autobahn A4 zwischen Mailand und Venedig kommt es regelmäßig zu schweren Massenkarambolagen. Dutzende Fahrzeuge krachen ineinander, weil Autofahrer die Geschwindigkeit nicht anpassen oder zu dicht auffahren. Flughäfen wie Mailand-Linate oder Bergamo müssen Flüge streichen, Züge verspäten sich.

Leben mit dem Nebel

Die Einheimischen haben gelernt, mit dem Phänomen umzugehen. Nebelscheinwerfer sind ohnehin Pflicht. Viele fahren nur noch, wenn es unbedingt sein muss. In den Dörfern herrscht am Vormittag oft gespenstische Stille – erst am Nachmittag, wenn sich der Nebel manchmal lichtet, erwacht das Leben.

Meteorologen warnen: Durch den Klimawandel wird der Nebel zwar insgesamt seltener, dafür aber intensiver, wenn er auftritt. Die mystische Schönheit der Poebene bleibt – doch wer im Winter durch Norditalien fährt, sollte Geduld und gute Nerven mitbringen.

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