Umweltminister Totschnig hatte sich für die Verschiebung ausgesprochen

EU-Umweltminister beraten EU-Klimaziel – keine Entscheidung

Donnerstag, 18. September 2025 | 13:09 Uhr

Von: apa

Die EU-Umweltministerinnen und -minister entscheiden bei ihrem Treffen am Donnerstag in Brüssel nicht wie ursprünglich geplant über das EU-Klimaziel 2040, sondern diskutieren nur darüber. Nach einer Diskussion beim EU-Gipfel Ende Oktober soll das Klimaziel dann beim nächsten Umweltrat beschlossen werden. Österreich hatte sich für die umstrittene Verschiebung eingesetzt; auch Umweltminister Norbert Totschnig (ÖVP) bekräftigte dies am Donnerstag in Brüssel.

“Alle Mitgliedsländer haben sich darauf geeinigt, 2050 klimaneutral zu sein”, so Totschnig. Das Zwischenziel 2040 sei ein sehr bedeutendes und könne nicht isoliert betrachtet werden; es brauche eine gesamtheitliche Betrachtung, da viele betroffen seien, insbesondere der Wirtschaftsstandort Österreich und Europa. Die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie müsse sichergestellt sein. Österreich brauche Wirtschaftswachstum und müsse ein Budget konsolidieren. Aufgrund aller dieser Punkte ist es für ihn “absolut gerechtfertigt”, dass diese Frage von den Staats- und Regierungschefs diskutiert werde, so der Minister vor dem Rat gegenüber Journalisten.

Totschnig: Österreich stimmt unter Bedingungen zu

Er betonte, Österreich könne dem Klimaziel 2040 unter Voraussetzungen zustimmen: Alle Mitgliedstaaten müssten auf einen Netto-Null-Reduktionspfad verpflichtet werden, Vorreiter wie Österreich dürften nicht schlechter gestellt werden. Internationale Emissionszertifikate müssten strenge Kriterien erhalten, sodass kein Missbrauch möglich sei. Auch die Bedeutung der Landwirtschaft und die Ernährungssicherheit müsse berücksichtigt werden, betonte der Umwelt- und Landwirtschaftsminister.

Es liege an der dänischen Ratspräsidentschaft, “Vorsorgen zu treffen, damit die nötigen Beschlüsse noch rechtzeitig gefasst werden können”. Die dänische Präsidentschaft habe einen ambitionierten Plan vorgeschlagen. Es sei immer üblich gewesen, solche grundlegenden Entscheidungen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs zu treffen. Er betonte, dass noch Zeit bleibe, die Beschlüsse rechtzeitig zu fällen. Die Verschiebung wurde im Vorfeld von den Grünen, Umweltorganisationen und NGOs scharf als “Verzögerung” kritisiert.

Dänischer Ratsvorsitz: Ziellinie ist in Sicht

Der Vertreter des dänischen Ratsvorsitzes, Klimaminister Lars Aagaard, betonte am Donnerstag, um das Klimaziel zu beschließen, müsse es einen Willen unter den Mitgliedstaaten geben. Der Abschluss des Klimagesetzes sei “in greifbarer Nähe, wenn die Mitgliedstaaten dazu bereit sind”. Der Däne sprach von einem “100-Meter-Sprint”: Die Ziellinie und die Möglichkeit, die Ziellinie als Gruppe zu überqueren, sei in Sicht; sie sei aber noch nicht überquert. “Wir diskutieren nicht nur über ein Klimagesetz, sondern auch über die Rahmenbedingungen, die damit einhergehen. Wir freuen uns auf die Leitlinien des EU-Gipfels.”

Nach der “politischen Debatte” über das Klimaziel werden die Minister laut Agenda außerdem über den aktualisierten nationalen Beitrag (NDC) der EU für 2035 beraten. Die nächste Deadline ist der 24. September: Bis dahin muss die EU nach dem Pariser Klimaabkommen ihr neues Klimaziel für 2035 bei den Vereinten Nationen einreichen. Diskussionen gab es im Vorfeld, da der NDC der EU mit dem Klimaziel 2040 zusammenhängt. Nun soll am Donnerstag laut Rat dazu eine Absichtserklärung verabschiedet werden, damit die EU nicht mit leeren Händen zur UNO-Generalversammlung fahren muss.

Totschnig begrüßte die Absichtserklärung: Diese sei wichtig, damit Europa seine Glaubwürdigkeit international behalte. Da am heutigen Umweltrat noch keine Entscheidung über die Höhe des EU-Klimaziels für 2040 getroffen wird, sollen sich die Mitgliedsstaaten auf eine Bandbreite für den europäischen Beitrag zum Pariser Klimaziel für 2035 einigen. Österreich unterstützt dabei den Vorschlag des dänischen Ratsvorsitzes für eine Bandbreite von 66,3 bis 72,5 Prozent, so eine Aussendung des Ministeriums. Im Zuge der weiteren Verhandlungen soll dann eine konkrete Zahl festgelegt werden.

Friday for Future: Gefährliches Spiel

“Die Auswirkungen der Klimakrise lassen sich nicht durch Untätigkeit verzögern. Das 2040 Klimaziel aufzuschieben ist ein gefährliches Spiel mit der Sicherheit unserer Generation, bei dem die ÖVP mit Klimaminister Totschnig Österreich auf die falsche Seite gestellt hat. Die Entscheidung, das Ziel heute nicht im europäischen Ministerrat zu beschließen, ist ein taktischer Abbau von Klimaschutz, bei dem sich Europa nicht zuletzt international blamiert. Alle Anstrengungen der kommenden Wochen müssen in ein starkes Klimaziel gesteckt werden”, forderte Laila Kriechbaum, Sprecherin Fridays For Future Austria, gegenüber der APA.

Eine inhaltsleere Absichtserklärung statt ein europäisches Bekenntnis zur Bekämpfung der Klimakrise sei “nicht nur peinlich, es ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die diesen Sommer schon durch die Klimakrise ihr Leben verloren haben”, sagte die grüne EU-Abgeordnete Lena Schilling. “Wenn die Bundesregierung ohnehin hinter einem 90-Prozent-Ziel bis 2040 steht, ist es völlig unverständlich, warum man diese Position nicht heute beschließt, sondern stattdessen mit Viktor Orbán über den kleinsten gemeinsamen Nenner verhandeln will.”

SPÖ-EU-Abgeordneter Günther Sidl forderte: “Das 2040-Klimaziel ist ein zentraler Meilenstein auf unserem Weg zu einem klimaneutralen Europa 2050. Wenn wir anfangen, unsere Zwischenziele zu torpedieren, bringen wir auch unsere langfristigen Ziele massiv in Gefahr. Klimaneutralität können wir nicht einfach herbeizaubern, sondern können sie nur durch einen schrittweisen Prozess erreichen. Daher fordere ich den Umweltminister auf, sich auch in Brüssel für ambitionierte Klimapolitik stark zu machen, statt diese zu sabotieren.”

“Es ist gut, wenn sich die Bundesregierung endlich zum eigenen Regierungsprogramm bekennt und nun auch das EU-Klimaziel unterstützt. Wir haben aber kein Verständnis für die Verzögerung”, reagierte die Umweltschutzorganisation Global 2000.

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