Laut Zerzer wären solche Angebote "schwer illegal"

Fake News auf Südtirolerisch: “Geld für Einstufung als Corona-Toter”

Freitag, 09. Oktober 2020 | 08:12 Uhr

Bozen – Verschwörungstheorien sind zum Auffangbecken für Corona-Leugner geworden und erleben derzeit ungeahnten Zulauf. Das ist auch in Südtirol der Fall. Ein besonders irrwitziges Gerücht, das derzeit kursiert, besagt, dass Angehörigen Geld geboten wird, falls Verstorbene als Corona-Tote deklariert werden.

Konkret stellen sich Verschwörungstheoretiker Folgendes vor: Angehörige würden nach einem Todesfall vom Sanitätsbetrieb oder von sonstigen Institutionen telefonisch kontaktiert. Ihnen werde Geld geboten, wenn der Verstorbene als Corona Todesfall eingestuft werden darf. Dies geschehe auch, wenn der Todesfall nicht auf Corona zurückzuführen war.

Außerdem wird behauptet, dass die Beerdigungskosten von diesen Institutionen übernommen würden, wenn die Erlaubnis erteilt werde, die verstorbene Person als Todesopfer aufgrund einer Covid-19-Erkrankung einzustufen.

Zerzer: „Für uns ist jeder Covid-19-Tote einer zu viel“

Solche Fake News werden zum Teil mündlich weitergegeben, kursieren aber auch in sozialen Medien. Im Südtiroler Sanitätsbetrieb kann man darüber nur den Kopf schütteln. „Völlig absurd“, heißt es aus der Kommunikationsabteilung des Sanitätsbetriebs.

Auch Generaldirektor Florian Zerzer ist über solche Behauptungen entsetzt. „Es handelt sich um absolut unsinnige und unwahre Aussagen, die schwer rufschädigend sind. Der Südtiroler Sanitätsbetrieb zielt mit all seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern darauf ab, die Pandemie einzugrenzen und zu bekämpfen. Für uns ist jeder Covid-19-Tote einer zu viel“, betont der Generaldirektor.

Gleichzeitig appelliert Zerzer an die Bürger: „Sollte jemand tatsächlich eine derartige Anfrage erhalten, was ich nicht glauben kann, so bitten wir, sich umgehend beim Südtiroler Sanitätsbetrieb zu melden, damit rechtliche Schritte eingeleitet werden können. Wenn jemand so etwas tut, dann ist das schwer illegal.“

Jede Todesmeldung ist ein rechtlich genau geregelter Vorgang, der von einem Arzt durchgeführt wird. Dabei handle es sich laut Kommunikationsabteilung des Sanitätsbetriebs um einen komplizierten rechtsmedizinischen Vorgang, für den der Arzt auch haftet.

Zahl der Corona-Toten in Südtirol seit Monaten konstant

Dass solche Nachrichten völliger Humbug sind, beweist auch der Hausverstand: Die Zahl der Toten liegt seit Frühjahr in Südtirol konstant bei 292. Allein schon deshalb kann man ausschließen, dass die Zahl künstlich in die Höhe geschraubt wird.

Verschwörungstheorien sind oft deshalb so verführerisch, weil sie einfache Erklärungen für komplexe Zusammenhänge bieten. Schon im Vorfeld steht ein klares Feindbild fest – egal, ob es sich um etablierte Wissenschaften, das politische System oder um eine „dunkle globale Elite“ handelt.

Anhänger der QAnon-Bewegung glauben etwa, das Coronavirus sei frei erfunden, um eine weltweite Impfpflicht durchzusetzen. Noch bevor eine Impfung gegen Covid-19 überhaupt auf dem Markt ist, vermuten Verschwörungstheoretiker in den Vaxinen Wirkstoffe, die die menschliche Population reduzieren sollen.

Der Lockdown wurde von vielen als schmerzlicher Eingriff in die persönlichen Freiheitsrechte empfunden. In Zusammenhang mit Verschwörungstheorien wird die Corona-Krise als finsterer Plan zur völligen „Bevormundung des Bürgers“ verarbeitet. Böse Mächte, die Einfluss selbst bis in so kleine Realitäten wie Südtirol haben, hätten es darauf abgesehen, eine „neue Weltordnung“ erschaffen. Einzelne Fake News dienen dann dazu, das eigene Weltbild zu zementieren.

Dass öffentliche Institutionen weltweit und in Südtirol kein Interesse an einer hohen Zahl an Corona-Toten oder an Neuinfektionen haben, liegt eigentlich auf der Hand. Regierungen und die Wirtschaft ganzer Länder leiden unter der Pandemie. Corona bereitet also auch der sogenannten Elite Probleme. In manche Köpfe scheint das allerdings nur schwer vorzudringen.

Von: mk

Bezirk: Bozen