Von: ka
Bozen – Im Hickhack zwischen der Sammelpartei und ihren Kritikern um die Reform des Autonomiestatuts, mit dem das Land Kompetenzen zurückerhalten soll, geht fast unter, dass die „Flucht“ junger Südtiroler die Autonomie weit mehr gefährdet, als es eine ungeliebte Regierung in Rom je könnte.
Dabei müsste die Tatsache, dass ausgerechnet das wohlhabende Südtirol nach Angaben des nationalen Statistikamtes ISTAT die italienische Provinz mit der höchsten Abwanderungsrate ins Ausland ist, hierzulande alle Alarmglocken läuten lassen. Dass der Hauptgrund für diese Entwicklung in der Kombination von vergleichsweise niedrigen Löhnen und sehr hohen Wohn- und Lebenshaltungskosten liegt, pfeifen die Spatzen von den Dächern.
Angesichts der hohen Kauf- und Mietpreise für Wohnraum ist es daher nicht verwunderlich, dass junge Südtiroler, die keine Aussicht auf Unterstützung durch die Eltern oder gar eine Erbschaft haben, die „Flucht“ ins Ausland antreten oder nach dem Studium im Ausland „hängenbleiben“. Sind diese Südtiroler im Ausland erst einmal gut integriert oder haben dort gar den Partner fürs Leben gefunden, wird aus der „Flucht auf Zeit“ mit ziemlicher Sicherheit eine „Heimatferne für immer“.
In Bozen hingegen scheinen viele noch nicht begriffen zu haben, dass Südtirol mit dem gesamten deutschsprachigen Raum um gut ausgebildete Fachkräfte konkurriert. Im „Schattenboxen“ um das Autonomiestatut geht unter, dass das Land alle rechtlichen Möglichkeiten hat, das größte Problem Südtirols, die hohen Wohn- und Mietkosten, zu lindern. Offensichtlich verhindert aber die Angst, Wählerstimmen zu verlieren und bestimmten Lobbys auf die Füße zu treten, ein entschiedenes Gegensteuern.
Die gerade für eine Minderheit äußerst beunruhigenden Zahlen sollten den politisch Verantwortlichen aber längst den Weg weisen, dass es nicht mehr ausreicht, nur an einzelnen Stellschrauben zu drehen. Es ist an der Zeit, auch über radikale Forderungen nachzudenken – eine strenge Erfassung und hohe Besteuerung von Leerständen, ein Verbot von Kurzzeitvermietungen, die „ewige Konventionierung“ und ein großzügiges Wohnungsbauprogramm. Gleichzeitig könnten Eigentümer, die allein in großen Wohnungen leben und bereit sind, ältere Menschen oder Studenten aufzunehmen, steuerlich begünstigt werden. Es ist ein großes Manko, dass es den Verantwortlichen an Mut und Fantasie zu fehlen scheint.
Wenn nichts geschieht, werden einige wenige „gut betuchte“ Einheimische und reiche Ausländer Südtirol unter sich aufteilen. Unser Landl in seiner heutigen Form und die Südtiroler als Minderheit würden über kurz oder lang aufhören zu existieren, und die Väter der Autonomie würden darüber bittere Tränen weinen. Nachdem die Reform des Autonomiestatuts weitgehend unter Dach und Fach zu sein scheint, sollte das Land nun jene Weitsicht an den Tag legen, die die Väter der Autonomie ausgezeichnet hat.
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