"Gespött von ganz Italien"

Geimpften in Südtirol reißt langsam der Geduldsfaden

Mittwoch, 24. November 2021 | 11:22 Uhr

Bozen – Nun ist es wieder soweit: In Südtirol gilt auch im Freien wieder die Maskenpflicht, sofern man keinen ausreichenden Abstand zu anderen Menschen einhalten kann. Die Maßnahme wurde angesichts der ansteigenden vierten Covid-Welle notwendig. Aufgrund einer zu geringen Durchimpfungsrate und mangelnder Disziplin bei der Einhaltung der 3G-Regelung sind zuletzt die Ansteckungen massiv in die Höhe geschnellt. Ein Blick in Richtung Norden, wo die Politik zu lange untätig zugeschaut hat, macht deutlich, dass man jetzt handeln muss, um schlimmeres Ungemach im Keim zu ersticken.

Wie die Tageszeitung Alto Adige heute berichtet, reißt jenen Menschen, die sich stets allen Maßnahmen fügten, sich impfen ließen und nun auch noch die Booster-Impfung machen aber langsam der Geduldsfaden, wenn das Gesprächsthema auf die überzeugten Impfgegner kommt, die auch noch wissenschaftliche Fakten verkennen, sich ihre Informationen aus fragwürdigen Kanälen holen und womöglich noch Familienangehörige negativ beeinflussen.

Paolo – ein Sicherheitsmann bei der Greifgalerie im Zentrum von Bozen – meint: “Gegen die Dummheit mancher Menschen ist kein Kraut gewachsen. Die Corona-Leugner und Impfgegner kommen mir wie kleine Kinder vor, die sich weigern die Realität anzuerkennen.” Südtirol ist derzeit bei der Durchimpfungsrate Schlusslicht in Italien und zumindest derzeit zeigt sich dies in den Infektionszahlen. Auch der Sanitätsbetrieb spricht von einer Pandemie der Ungeimpften. Tatsächlich stecken sich auch Geimpfte mit dem Virus an, allerdings – und das ist der große Unterschied – haben sie nur in Ausnahmefällen einen schweren Verlauf und benötigen eine Behandlung im Krankenhaus.

Ernüchterung über diese Tatsachen zeigt sich auch bei einem jungen Passanten in der Bozner Innenstadt. Er spricht von einem Rückschritt: “Sämtliche Opfer der vergangenen Monate sind wegen einiger Fanaten, die sich von Fake-News blenden lassen, umsonst gewesen. Nun stehen wir wieder dort, wo wir nicht mehr hinwollten.” Das italienische Fernsehen überschütte Südtirol gerade nicht mit Lorbeeren, wir seien das Gespött von ganz Italien, so der junge Mann. Tatsächlich hat es Südtirol wegen der Impfverweigerer nicht nur in die gesamtstaatlichen Medien geschafft. Auch bei der ZDF-Heute-Show musste die Provinz Bozen für Lacher herhalten und sogar in den USA wird über das nördliche Italien als Hochburg der Impfverweigerer berichtet.

Über elf Prozent der Senioren in Südtirol sind nicht geimpft – jene Gruppe also, die ohnehin das höchste Risiko für einen schweren Verlauf hat. Insgesamt sind über 75.000 Personen aus den impfbaren Altersgruppen noch ungeimpft.

Doch nicht alle von der Tageszeitung Alto Adige befragten Passanten sehen die Impfmüdigkeit als Grund für die derzeitige prekäre Lage an der Coronafront. Die Politik und Institutionen hätten die Lage zu verantworten, so eine Frau aus Kastelruth. Eine Frau aus Völs regt sich hingegen über die erneute Maskenpflicht im Freien auf. Sie sei geimpft und wolle nun wieder normal leben, ohne die ständigen Gedanken an die Maske.

Von: luk

Bezirk: Bozen