Kriminelle Abschreckung von Motorradfahrern

Gespannte Drähte: Lebensgefährliche Falle im Wald

Donnerstag, 18. Mai 2017 | 12:00 Uhr

Bozen – Motorradfahrer im Wald sind manchen so sehr ein Dorn im Auge, dass sie auf lebensgefährliche Fallen zurückgreifen. Erst kürzlich wurden im Sigmundskroner Wald und in der Nähe von Petersberg Drähte zwischen den Bäumen gespannt, damit es Motorradlenker ordentlich vom Sessel schleudert. In Modena ist vor Jahren ein Motorradfahrer, der gleichzeitig Vater von zwei kleinen Kindern war, auf diese Weise verblutet, berichtet das Tagblatt Dolomiten.

Der Enduro- und Motocrossfahrer Christoph Gatscher hat den Draht im Sigmundskroner entdeckt und entfernt: „Der Draht befand sich in einem Gemeinde-Waldstück zwischen Schloss Sigmundskron und Schreckbichl und war auf Lenker-Höhe gespannt. Und ein Freund von mir ist auf einen Draht in der Nähe von Petersberg gestoßen.“

Obwohl solche Drähte meist gegen die Motorradfahrer gerichtet sind, können sie genauso gut Mountainbikern zum Verhängnis werden. Manche Fallensteller brüsten sich sogar noch damit. „In einem Südtiroler Online-Forum hat ein Mann wortwörtlich geschrieben: Bei mir fährt keiner mehr – denn ich spanne Drähte“, erzählt Gatscher laut „Dolomiten“.

Auch der Abteilungsdirektor für Forstwirtschaft, Paul Profanter, kennt solche Fälle bekannt: „Vor Jahren gab es einen Fall in Klausen – danach ist es zum Prozess gekommen.“ Weil es den Forstbeamten nicht möglich ist, die Wälder frei von Motorradfahrern zu halten, regen manche Grundbesitzer auf. Der Abteilungsdirektor warnt aber davor, „zur Selbsthilfe“ zu greifen: „Einen Draht zu spannen, ist kriminell – das ist vorsätzliche Körperverletzung oder Tötung.“

So ein Draht kann lebensgefährlich sein. Ein Enduro-Fahrer ist meist mit entsprechender Geschwindigkeit unterwegs und bemerkt solche Drähte viel zu spät. „Wer einen solchen Draht spannt, hat viel Phantasie – es kommt ja auch in Wildwestfilmen vor – aber diese Leute denken nicht an die Folgen“, unterstreicht der Abteilungsdirektor gegenüber den „Dolomiten“. Die Gründe für diese „Auswüchse“ liegen für Profanter auf der Hand: Es fehle an Trainingsmöglichkeiten, deshalb werde im freien Gelände gefahren.

Auch Gatscher weiß, dass der Safety Park für Motocross-, Enduro- und Trialfahrer nur mehr am Wochenende geöffnet – und nicht mehr auch am Mittwoch – geöffnet ist. Am Wochenende nehmen Motorradfahrer aber oft außerhalb der Region an Rennen teil und benötigen Trainingsmöglichkeiten während der Woche. Derzeit fehlt Albert Kusstatscher, dem Leiter der Cross-Piste im Safety Park, aber die Genehmigung der Gemeinde Pfatten, um auch mittwochs die Pisten offen zu halten.

„Die Endurofahrer sind deshalb oft im Wald unterwegs – und die Motocrossfahrer müssen 200 Kilometer zurücklegen, um zu einer ordentlichen Bahn zu kommen“, erklärt Gatscher laut „Dolomiten“.

Der Safety Park wird wohl in nächster Zukunft die einzige Trainingsmöglichkeit für Motorradfahrer bleiben: Bei der Sachsenklemme und bei der Albeinser Sandgrube versuchte man, eine Piste zu finden. Doch kaum werde ein Lokalaugenschein durchgeführt, würden schon Unterschriftenaktionen gegen eine mögliche Pistenausweisung gestartet, betont Profanter laut „Dolomiten“. In Albeins habe es nahezu einen „Volksaufstand“ gegeben. Die Südtiroler müssten sich endlich darüber bewusst werden, dass es einen bestimmten Prozentsatz an Motorradbegeisterten gebe und diesen sollten auch Trainingsmöglichkeiten geboten werden.

Von: mk

Bezirk: Bozen