Von: luk
Bozen – Eine von drei Frauen hat mindestens einmal im Leben sexuelle oder körperliche Gewalt erfahren, zwei von drei Todesopfern bei Beziehungstaten sind weiblich. Seit 2005 wurden in Italien 1377 Frauen ermordet, das entspricht rund 115 Frauen im Jahr. “Oder, anders formuliert: Jeden dritten Tag wird in Italien eine Frau umgebracht. Diese Zahlen stimmen uns sehr nachdenklich”, sagte Martha Stocker, Landesrätin für Chancengleichheit, heute anlässlich der Vorstellung der Initiativen zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am kommenden Samstag.
“Bei all den Bildern von Gewalt und Übergriffen, die wir täglich sehen, vergessen wir häufig, dass Gewalt sehr oft vor allem häusliche ist”, sagte Stocker und wies auf die wertvolle Arbeit der Frauenhäuser in Südtirol hin. “Allein im vergangenen Jahr haben sich 562 Frauen an Beratungsstellen gewandt und Hilfe bekommen”, erklärte sie. Gemeinsam mit Regisseur Mauro Manzo stellte sie daraufhin einen Videospot vor, der für das Thema sensibilisieren soll und der in der kommenden Woche in den Kinos, im Fernsehen und auf Onlineportalen zu sehen sein wird. “Wegschauen ist menschlich oft verständlich”, sagte der Filmemacher, er rief aber dazu auf, Gewalt anzuzeigen. Zum einen blieben Straftaten verborgen, weil sie sich in den eigenen vier Wänden abspielen, zum anderen aber auch, weil neben den Opfern selbst auch viele Zeugen davor zurückschrecken, anzuzeigen, was sie sehen. Finanziert wurde der Spot im Rahmen der Gendermedizin vom Amt für Gesundheitsordnung.
“Zeugen haben die Pflicht, über Übergriffe und Gewaltakte zu sprechen”, betonte auch Ulrike Oberhammer, Präsidentin des Landesbeirats für Chancengleichheit. In den vergangenen drei Jahren habe die Anzahl der Frauenmorde noch einmal stark zugenommen, im Durchschnitt wurden 150 Frauen pro Jahr getötet, zitierte sie aus der Statistik und stellte die Initiative “Besetzter Platz” vor. Diese Initiative wurde im Jahr 2013 ins Leben gerufen und ist allen Frauen gewidmet, die Opfer von Gewalt wurden. Jede dieser Frauen hatte einen Platz im Theater, in der Straßenbahn, in der Schule und in unserer Gesellschaft überhaupt, bevor ihr Ehemann, ein Ex-Liebhaber oder auch ein Unbekannter ihrem Leben ein Ende gemacht hat. “Jetzt bleibt dieser Platz leer, er wird für sie freigehalten, weil sie ihren Platz nicht mehr einnehmen kann”, erklärte Oberhammer. Sie rief alle öffentlichen Institutionen dazu auf, sich an der Aktion zu beteiligen. “Wir wollen überall darauf hinweisen, denn es könnte jede von uns treffen”, so Oberhammer. Auch die nächste Ausgabe der Frauenzeitschrift “ëres – frauen info donne” zeigt auf ihrer Titelseite einen roten Stuhl.
Zudem wird mit der bewährten Weiße-Schleife-Aktion Aufmerksamkeit für das Thema Gewalt gegen Frauen geschaffen. Diese Schleifen werden wie jedes Jahr an männliche Entscheidungsträger im ganzen Land verschickt. Wer sie vom 25. November bis zum 10. Dezember trägt, zeigt, dass er niemals Gewalt an Frauen anwendet, sie nicht rechtfertigt und auch nicht stillschweigend duldet.