Von: mk
Innsbruck – Neue Perspektiven in der Klimarekonstruktion: Ein durch ein internationales Forscherteam entwickeltes neuartiges Verfahren erlaubt einen noch präziseren Blick weit in die Vergangenheit. Christoph Spötl vom Institut für Geologie an der Universität Innsbruck stellte dazu entscheidende Proben aus Höhlen in Österreich zur Verfügung. Die Ergebnisse sind ein analytischer Durchbruch und wurden nun im renommierten Fachmagazin „Nature Communications“ veröffentlicht.
Natürliche Karbonate wie Tropfsteine in Höhlen am Festland und Skelette mariner Organismen sind wichtige Klimaarchive. Anhand ihrer isotopischen Zusammensetzung lässt sich ablesen, welche Temperatur zum Zeitpunkt ihrer Bildung herrschte. Bisherige Rückschlüsse auf ehemalige Temperaturen waren jedoch aus zwei Gründen unsicher: Einerseits ist die isotopische Zusammensetzung des damaligen Wassers vielfach unbekannt und andererseits kann auch der Mineralisationsvorgang selbst die isotopische Zusammensetzung beeinflussen. Nun ist es einem internationalen Team von Geowissenschaftler unter Leitung der Goethe-Universität Frankfurt gelungen, anhand hochpräziser Isotopenmessungen beide Effekte voneinander zu trennen, sodass künftig weitaus zuverlässigere Aussagen über das Klima vergangener Erdzeitalter möglich werden. Prof. Christoph Spötl vom Institut für Geologie der Universität Innsbruck ist Teil des Teams und stellte Schlüssel-Probenmaterial aus zwei Höhlen im Tiroler Zillertal (Tux) und in Unterkärnten (Bad Eisenkappel) zur Verfügung. „Unser Probenmaterial aus gut dokumentierten, klimatisch sehr stabilen alpinen Höhlen diente zur Eichung des neuen Geothermometers im Bereich knapp über 0°C“, erklärt der Leiter der Arbeitsgruppe für Quartärforschung. „Anhand dieser Höhlenkarbonate konnte die theoretisch vorhergesagte Eichkurve validiert werden. Die präzise Rekonstruktion der Temperatur mit diesem neuen Geothermometer ist sehr vielversprechend und wird auf unser Forschungsgebiet langfristig großen Einfluss nehmen.“
Durchbruch für künftige Forschung
Zur Lösung dieses analytischen Problems hat die Arbeitsgruppe von Jens Fiebig am Institut für Geowissenschaften der Goethe-Universität bereits 2019 ein innovatives isotopenbasiertes Verfahren aufgebaut. „Wir messen mit hoher Präzision die Häufigkeit von zwei sehr seltenen Karbonatgruppen, sogenannten ,clumped isotopes’, die je zwei schwere Isotope des Kohlenstoffs und des Sauerstoffs enthalten und bestimmen die beiden Parameter Δ47 und Δ48“, erklärt Fiebig. In der jetzt in „Nature Communications“ publizierten Arbeit hat sein ehemaliger Doktorand David Bajnai dieses Verfahren erstmals auf verschiedene Karbonatarchive angewendet. „Wir konnten erstens zeigen, dass die Mineralisation im Fall biogen gebildeter Karbonate einen großen Einfluss auf die Zusammensetzung hat“, erklärt Bajnai. „Und zweitens ist es nun möglich gerade bei festländischen Proben wie Tropfsteinen die damals herrschende Temperatur viel verlässlicher als bisher zu messen. Mit dem neuen Verfahren sollte es zukünftig möglich werden, vergangene Erdoberflächentemperaturen weitaus zuverlässiger und präziser als bisher zu rekonstruieren.