Von: mk
Bozen – Die Carabinieri der Sondereinheit NOE haben am Montag in der Früh sieben Personen verhaftet und in Untersuchungshaft überstellt. Ihnen wird vorgeworfen, als Mitglieder einer kriminellen Organisation dem Südtiroler Sanitätsbetrieb geschadet zu haben. Drei Verhaftete stammen aus Südtirol.
Die Betroffenen befinden sich vorerst im Hausarrest. Der Vollstreckungsbefehl wurde vom Ermittlungsrichter in Trient ausgestellt. Zudem wurden den beiden Firmen Tecno Service GmbH mit Sitz in Rom und Heka GmbH mit Sitz in Trapani Geschäftsbeziehungen mit der öffentlichen Verwaltung untersagt. Neben Hausdurchsuchungen wurden auch mehrere Güter beschlagnahmt.
Auch im Trentino, in der Emilia Romagna, im Latium und in der Lombardei ist es im Rahmen derselben Untersuchung zu Verhaftungen gekommen.
Den sieben Personen werden insgesamt 40 Anklagepunkte zur Last gelegt. Bei den Verhafteten handelt es sich um einen verantwortlichen Techniker am Meraner Krankenhaus, um einen Leiter der Krankenhausapotheke in Meran, um einen Techniker im Bozner Krankenhaus, um einen Freiberufler aus dem Trentino, um einen technischen und einen Betriebsleiter einer multinational agierenden Firma mit Sitz in Rom, die sich auf die Lieferung von elektromedizinischen Geräten spezialisiert hat, und um einen Freiberufler aus Mantua.
Ihnen allen wird eine ganze Palette an Vergehen vorgeworfen: von der Verletzung des Amtsgeheimnisses über Wettbewerbsverzerrung und Betrug bis hin zu erschwerter Korruption.
Die komplexe Untersuchung, die von der Staatsanwaltschaft in Trient, geleitet wird, ist bereits im Jahr 2016 ins Rollen gekommen. Die Ermittlungen wurden von der Polizei gemeinsam mit den Carabinieri durchgeführt.
Die Angestellten des Sanitätsbetriebs, die unter Verdacht stehen, sollen über den Trientner Unternehmer der Tecno Service GmbH und der Heka GmbH die Angebote jener Firmen übermittelt haben, die sich an Ausschreibungen beteiligt hatten. In der Folge legten die beiden Unternehmen günstigere Angebote vor und gingen als Sieger hervor.
Abgesehen vom getürkten Wettbewerb, sollen die beiden Firmen die Materialien außerdem überhaupt nicht oder nur unvollständig geliefert haben. Die betroffenen Mitarbeiter des Sanitätsbetriebes hätten laut Carabinieri einen großen Teil der Profite abgesahnt, während der Rest des Geldes an den Trentiner Unternehmer und an die beteiligten Firmen ging.
Laut Untersuchung soll der Trentiner Unternehmer der wahre Dreh- und Angelpunkt gewesen sein, der als Mittelsmann zwischen den Firmen und den Angestellten im Sanitätsbetrieb fungierte. Der Mann wurde in den vergangenen Tagen von den Ordnungshütern aufgehalten, als er von einer Reise nach Rom zurückgekehrt war. Bei sich hatte er 20.000 Euro in bar. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich um Schmiergelder handelt, die für den technischen Leiter im Meraner Krankenhaus bestimmt waren.
Im Hausarrest ist es den Verhafteten untersagt, Kontakt mit der Außenwelt aufzunehmen.
Korruptionsvorwurf: Sanitätsbetrieb bedauert Imageschaden
Der Südtiroler Sanitätsbetrieb bedauert die schweren Vorwürfe gegen die eigenen Mitarbeiter und wird umgehend deren Suspendierung einleiten. Mit diesen Worten reagiert der Sanitätsbetrieb auf die Überstellung in den Hausarrest von den drei Mitarbeitern.
Schon am 30. Jänner hatte der Südtiroler Sanitätsbetrieb die Öffentlichkeit im Rahmen einer Pressekonferenz informiert und war nach Bekanntwerden der Vorfälle umgehend tätig geworden: Der Krankenhaustechniker aus Bozen wurde in eine andere Aufteilung versetzt, dem im Krankenhaus Meran tätigen verantwortlichen Techniker wurde auf seine Anfrage ein Wartestand von zwei Monaten gewährt (und der Auftrag unmittelbar widerrufen, welcher am 31.1.18 abgelaufen wäre), dem Freiberufler der Apotheke im Krankenhaus Meran wurde sofort die aktuelle Funktion entzogen und er wurde mit anderen Aufgaben betraut, die nicht in Zusammenhang mit Ankauf und öffentlichen Vergaben stehen. Diese Maßnahmen wurden der Staatsanwaltschaft von Trient umgehend mitgeteilt.
Die Staatsanwaltschaft hat heute entschieden Haftbefehle auszustellen, die Mitarbeiter wurden unter Hausarrest gestellt. Der Sanitätsbetrieb wird demnach die Suspendierung der Betroffenen vom Dienst einleiten, ohne Bezahlung und mindestens für die Dauer des Freiheitsentzuges.
Die Direktion des Sanitätsbetriebes mit den Bezirksdirektionen von Bozen und Meran geht davon aus, dass es sich hierbei um bedauerliche Einzelfälle handelt.
Der Sanitätsbetrieb bedauert auch den Imageschaden, der entstanden ist, und legt Wert auf die Feststellung, dass zweifellos die überwiegende Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie auch Führungskräfte ihre Arbeit mit großen Einsatz und Fachkenntnis erbringen und dabei selbstverständlich die geltenden Rechte respektieren. Auch in jenen Bereichen, die mit dem Ankauf von sanitären oder nicht-sanitären Gütern oder Geräten und Instrumenten befasst sind, werde mit hoher Professionalität und großer Gewissenhaftigkeit gearbeitet.
Pöder: „Stocker und Schael sollen zu Korruptionsvorwürfen Stellung nehmen“
Der Landtagsabgeordnete der BürgerUnion, Andreas Pöder, wirft der Südtiroler Landesregierung „politisches Wegducken“ in der Korruptionsaffäre im Südtiroler Sanitätswesen vor.
Pöder fordert Landesrätin Martha Stocker und Generaldirektor Schael zu einer öffentlichen Stellungnahme zu den Korruptionsermittlungen und den jüngsten Festnahmen im Südtiroler Sanitätswesen auf. Auch Landeshauptmann Arno Kompatscher wird von Pöder in die Pflicht genommen: „Kompatscher muss im Sanitätswesen endlich für Ordnung sorgen, man gewinnt zunehmend den Eindruck, dass jeder in der Landesregierung tut was er will und der Landeshauptmann gerade im Sanitätswesen den ‚Laden‘ nicht im Griff hat“, so Pöder.
Pöder, hat nun die Korruptionsermittlungen. zu Auftragsvergaben im Sanitätsbereich im Landtag mittels einer Anfrage zum Thema gemacht.