"Seine Distanziertheit, seine Gleichgültigkeit, seine Langweile"

Madè Neumair äußert sich in einem persönlichen Brief – auch über ihren Bruder

Donnerstag, 29. April 2021 | 09:00 Uhr

Bozen – Nachdem der Leichnam von Peter Neumair nach Monate langer Suche bei der Fraktion Ravina in der Nähe von Trient gefunden worden ist, hat seine Tochter Madè Neumair über ihren Anwalt Carlo eine sehr persönlichen Brief veröffentlicht. Sie spricht über ihre Eltern, ihren Schmerz und auch über ihren Bruder Benno.

„Es wäre einfach zu sagen, dass sich gestern (am Dienstag, Anm.) lediglich ein Kreis geschlossen habe. Ja, wir können nach fast vier nicht endenden wollenden Monaten versuchen, ein bisschen zu verstehen, was vorgefallen ist-. Wir haben die Möglichkeit einer Zeremonie, eines Orts, wo wir weinen und beginnen können, etwas von jener Spiritualität zu fühlen, die unter den Trümmern der Gewalt, der Ermittlungen, der Ungewissheit und der Angst verloren gegangen ist, heißt es in dem Brief, wie Alto Adige online berichtet.

Der Text ist voller Erinnerungen an ihre Eltern: „Ich sehe sie im Wohnzimmer Walzer tanzen und ich sehe sie auf einem ihrer unendlichen Spaziergänge am Strand“. Doch auch ihren Bruder Benno und seine Reaktion nach dem Fund des Leichnams erwähnt sie. Der 30-Jährige, der bekanntlich in Untersuchungshaft im Bozner Gefängnis sitzt, hat den Mord an seinen Eltern Peter Neumair und Laura Perselli gestanden. „Für den, der hinter Gittern sitzt, ist es anscheinend eine Erleichterung, zu wissen, dass einmal eine der unzähligen Lügen, wenn alles verloren und absehbar ist, doch der Wahrheit entspricht“, schreibt Madè Neumair.

Sie fühle eine Welle an Unglauben in sich aufsteigen, wenn sie an ihren Bruder denke, der in einem Video seine Version des Doppelmordes erzählt. Sie denke an seine „Distanziertheit, seine Gleichgültigkeit, seine Langweile. Kein Wort des Kummers, der Reue, weder für sie noch für uns“, heißt es in dem Brief weiter.

„Ich bin mir langsam darüber klar geworden, dass wir nicht wirklich darauf vorbereitet sind, zu verstehen, was ein Mord bedeutet. Es liegt nicht in unserer Natur, einen gewaltsamen Tod in seiner Gesamtheit zu erfassen. Ich tue mich so schwer, zu verstehen, wie zwei Menschen in der Blüte ihres Lebens von einem Moment auf den anderen von jener Person getötet werden, die sie als Elternteil geliebt haben.“

Und zuletzt noch an ihre Eltern gerichtet, schreibt Madè Naumair: „Ihr, die ihr mir auf verheerende Weise zu fehlen beginnt, ruhet in Frieden.“

Am heutigen Donnerstag wird der Leichnam von Peter Neumair obduziert. Wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtet, hat die Bozner Staatsanwaltschaft den Pathologen Dario Raniero ernannt, die Autopsie durchzuführen.

Raniero hat bereits Mitte Februar den Leichnam von Laura Perselli einer Obduktion unterzogen. Die Frau war laut Ergebnis erwürgt worden. Wenige Tage später hat dies Benno Neumair im Rahmen seines Geständnisses bestätigt.

Von: mk

Bezirk: Bozen