Ein Kommentar

Mehr Strenge wagen

Donnerstag, 16. September 2021 | 16:36 Uhr

Bozen – Um den besonders gegen die Delta-Variante des Coronavirus notwendigen höheren Impfschutz zu erreichen und die Verbreitung des Virus einzudämmen, sind die römische Regierung und die Experten, die sie beraten, der Meinung, den Grünen Pass auf weitere Bereiche auszudehnen. Es ist auch die einhellige Meinung der führenden Virologen, dass der Prozentsatz der geimpften Bevölkerung weiter in die Höhe geschraubt werden muss.

ANSA/TINO ROMANO

Mit Blick auf diese Sachlage liegt es auf der Hand, dass der Grüne Pass im nächsten Monat auf den aktiven Teil der Bevölkerung – vermutlich auf die gesamte Arbeitswelt – ausgedehnt werden wird. Es ist bereits heute absehbar, dass diese drastische Entscheidung auf sehr viel Widerstand und viele Proteste stoßen wird. Will Italien ohne Schließungen und damit ohne Arbeitsplatz- und Einkommensverlusten heil durch die Wintermonate kommen, gibt es zu dieser Entscheidung aber kaum eine Alternative.

ANSA/MOURAD BALTI TOUATI

Das Gleiche gilt auch für Südtirol, das im In- und Ausland nicht ganz zu Unrecht den zweifelhaften Ruf „genießt“, eine „Hochburg der Impfgegner“ zu sein. Die Tatsache, dass sich bereits nach der ersten Schulwoche mehrere Schulklassen wieder im Fernunterricht befinden, ist ein Symptom dafür, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen. Auch wenn die Kompetenzen vor allem bei Rom liegen, besitzt das Land doch einigen Spielraum, eigene Akzente zu setzen. In Bozen sollte in Einvernehmen mit dem Staat geprüft werden, ob nicht einige strengere Maßnahmen, die derzeit in Rom im Gespräch sind, in Südtirol früher eingeführt und umgesetzt werden könnten.

Sanitätsbetrieb Südtirol

In jedem Fall besitzt das Land aber die Möglichkeit, seinen Bürgern, von denen es gar einige weder mit den geltenden Corona-Hygiene- und -Sicherheitsmaßnahmen noch mit ihren Grünen Pässen ganz genau nehmen, auf die Finger zu schauen. Südtirols Wirtschaftstreibende, aber auch die übergroße Mehrheit der Arbeitnehmer und Eltern haben aber längst erkannt, dass die Impfung und der Grüne Pass die Chance bieten, Arbeit und Betrieb zu retten, Kindern, Lehrlingen und Studenten eine normale Ausbildung zu garantieren oder allen schlicht und einfach ein normales Leben zu ermöglichen.

Gerade hierzulande wird es an Gegnern eines härteren Kurses nicht mangeln, aber Südtirol, das erst vor Kurzem seine Autonomie gefeiert hat, muss davon wegkommen, dass Selbstverwaltung gerade in Pandemiezeiten keine Schönwetterveranstaltung sein kann. Südtirol soll – nein muss – mehr Strenge wagen.

Von: ka

Bezirk: Bozen