Von: luk
Bozen/Vierschach – Im Jänner 2020 ist Fatima Zeeshan (28) im Haus in Vierschach im Pustertal von ihrem Mann, Mustafa Zeeshan (38), ermordet worden. Der laufende Schwurgerichtsprozess gegen den 38-Jährigen hatte vor einigen Wochen Hinweise auf das mögliche Tatmotiv zutage gebracht. Demnach fanden die Spurensicherer der Carabinierie in der Wohnung eine gepackte Tasche sowie eine Geldbörse mit 800 Euro. Es machte für die Beamten den Eindruck, dass die hochschwangere Frau ihren Ehegatten verlassen wollte. Auch Aussagen, wonach sich die Frau wie im Gefängnis gefühlt hätte und nie die Wohnung verlassen durfte, stützten diese These.
Doch dieses mögliche Tatmotiv ist seit dem gestrigen Verhandlungstag gekippt, berichtet die Tageszeitung Alto Adige. Die Tasche könnte Zeugenaussagen zufolge nämlich für die bevorstehende Entbindung im Krankenhaus vorbereitet worden sein. Die Besitzer der Wohnung in Vierschach, in der das Ehepaar Zeeshan lebte, sagten gestern außerdem aus, dass es niemals Ruhestörung aus der Wohnung gegeben habe. Auch habe sich Mustafa Zeeshan gefreut, Vater zu werden. Er sei sehr liebevoll mit seiner Frau umgegangen und habe stets ein Lächeln im Gesicht gehabt. Sie erklärten weiter, dass sie Fatima Zeeshan mehrfach alleine außer Haus gesehen hätten. Das widerspricht der Aussage des Bruders der 28-Jährigen, wonach sein Schwager seine Frau zu Hause eingesperrt habe.
Als die Beschlagnahme der Wohnung durch die Behörden aufgehoben wurde, hätten die Eigentümer im Schrank außerdem Kleider des Opfers sowie des ungeborenen Kindes gefunden. Das widerspricht ebenfalls der zunächst getroffenen Annahme, wonach eine Flucht vorbereitet wurde.
Somit könnte laut dem Bericht in der Tageszeitung Alto Adige der Standpunkt der Verteidigung an Gewicht zulegen. Der von zwei Anwältinnen vertretene Mustafa Zeeshan behauptet, die Tat im Schlaf begangen zu haben – unbewusst. Zeeshan leide an einer Krankheit, die in einer schweren Schlafstörung begründet sei. Dass dem so ist, wurde auch mit einem Gutachten festgestellt, doch eine Verbindung zu dem Mord konnte nicht hergestellt werden. Die Verteidigung könnte nun aber auf die Schuldunfähigkeit ihres Mandanten hinarbeiten.
Beim gestrigen Verhandlungstag wurde auch die Zeugenaussage von Dr. Livia Borsoi, Direktorin des Betrieblichen Dienstes für Hygiene und öffentliche Gesundheit in Bruneck, aufgenommen. Sie war nach dem Mord zur Leichenbeschau gerufen worden. Borsoi erklärte, dass Fatima Zeeshan aus dem linken Ohr Blut verloren hatte. Dort sei sie von einem Schlag getroffen worden.
Auch ein blutunterlaufenes Auge sowie Blutergüsse an Brustkorb und Hals habe sie festgestellt. Sie könnten infolge des Erstickungstodes entstanden sein. Ein großer Bluterguss könnte hingegen darauf hindeuten, dass die 28-jährige mit dem Knie niedergedrückt wurde.