Realität holt Südtirol ein – ein Kommentar

Mut zum eigenen Weg dauerte eine Woche

Freitag, 30. Oktober 2020 | 09:35 Uhr

Bozen – Gleich wie im Mai, als Südtirol früher als Italien einige Lockerungen eingeführt hatte, wagte das Land auch im Oktober einen eigenen Weg. Immer in Anlehnung an das Dekret der Regierung, aber um einige Verschärfungen und Erleichterungen verändert, versuchte Südtirol, die italienischen Corona-Einschränkungen den lokalen Verhältnissen anzupassen.

Aber schon nach einer Woche wurde der Landeshauptmann zum Zurückrudern gezwungen. Angesichts der besorgniserregenden Anzahl der Neuansteckungen und der sich mit Corona-Patienten füllenden Krankenhäuser blieb ihm nichts anderes mehr übrig, als die gesamtstaatlichen Bestimmungen zu übernehmen und sie lokal noch zu verschärfen. Vermutlich spielte auch die Signalwirkung, die von der Nachricht vom deutschen Lockdown ausging, eine Rolle.

ANSA/Paolo Salmoirago

Damit ist Südtirols viel beschworener eigener Weg gescheitert. Südtirols Verantwortlichen wurde schmerzhaft vor Augen geführt, dass Südtirol keine Insel ist, das Virus keine Grenzen kennt und wir davon abhängig sind, was im Süden und Norden beschlossen wird. Südtirols Autonomie schadet das nicht. Auch im föderalen Deutschland erkannte man auch, dass ein „Flickerlteppich“ von regionalen Bestimmungen die Verbreitung des Virus eher begünstigt. Daher einigte man sich in Berlin auf einen „Lockdown light“, der in ganz Deutschland gleichermaßen gilt.

Im Prinzip wird sowohl in Italien, das Südtirol miteinschließt, als auch in Deutschland der November „geopfert“, um Weihnachten zu retten. In Südtirol ist damit auch die Hoffnung verbunden, die wichtige Wintersaison und damit Tausende von Arbeitsplätzen nicht in den Schnee zu setzen.

lpa/schoeneben.it

Angesehenen Virologen und Epidemiologen zufolge könnte die „Opferung“ des Nebelmonats Südtirol durchaus aus der heutigen Corona-Notlage führen oder dem Landl zumindest einen „einigermaßen normalen“ Winter ermöglichen.

Allen Südtirolern muss aber bewusst sein, dass diese harten Einschränkungen die vermutlich letzten Maßnahmen vor der weitgehenden „Schließung“ Südtirols sind. Denn fast das ganze Pulver ist verschossen: Um Weihnachten zu retten und den gefürchteten Lockdown zu verhindern, bedarf es nicht nur eigener Verschärfungen durch das Land, sondern auch einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller Südtiroler, die Bestimmungen penibel einzuhalten.

Es liegt vor allem an uns, ob wir die Übertragung des Virus eindämmen und somit die Zukunft vieler Landsleute retten oder versagen, Weihnachten alleine in den eigenen vier Wänden verbringen und eine wirtschaftliche und soziale Krise mitverursachen. Wir haben die Wahl.

Von: ka

Bezirk: Bozen