Von: mk
Tiers – Im Juni 2006 gelang dem Tiroler Biologen Peter Huemer am Fuße der Vajolettürme eine kleine Sensation: Er entdeckte eine bis dahin noch unbekannte Schmetterlingsart. Mehrere Fachleute haben sie nun mit modernsten genetischen Methoden von ähnlichen Arten abgegrenzt und benannt: Weil sie sich kurioserweise von den Federn des Raufußkauzes ernährt, heißt sie nun Raufußkauznestmotte.
„Die Entdeckung von neuen, bisher namenlosen Tierarten ist in Europa immer eine kleine Sensation, weil kein Gebiet weltweit aus zoologischer Sicht so gut untersucht ist“, weiß Peter Huemer. Der Kustos der Naturwissenschaftlichen Sammlungen im Sammlungs- und Forschungszentrum der Tiroler Landesmuseen sieht deshalb in solchen Funden den Beweis, dass selbst in Mitteleuropa die Basiserfassung der Artenvielfalt noch nicht abgeschlossen ist, auch bei scheinbar gut bekannten Gruppen, wie den Schmetterlingen.
Die Entdeckung, von der hier die Rede ist, gelang dem Tiroler Schmetterlingsforscher im Juni des Jahres 2006 in Tiers: An jenem Sonntag nahmen 50 Fachleute der Zoologie, Botanik und Pilzkunde anlässlich des vom Naturmuseum Südtirol jährlich organisierten Tags der Artenvielfalt bei hochsommerlichen Temperaturen die Flora und Fauna unterhalb des Rosengartens unter die Lupe, um innerhalb des Tages so viele Arten wie möglich zu finden und zu bestimmen. Insgesamt wurden über 1.000 Tier – und Pflanzenarten gezählt, viele davon konnten erst danach mit dem Mikroskop bestimmt werden. Unter den Tierarten befand sich auch eine bis dahin unbekannte Schmetterlingsart, deren Raupen sich fast ausschließlich in den Nestern des Raufußkauzes entwickeln und sich von der Hornsubstanz der Federn ernähren, eine ausgesprochen seltene Nahrung für Tiere.
Mittels modernster genetischer Methoden, wie dem DNA-Barcoding, konnte die fragliche Art inzwischen von ähnlichen Schmetterlingen abgegrenzt werden, dies erfolgte unter anderem im Rahmen des Forschungsprojekts „Genetische Artabgrenzung ausgewählter arktoalpiner und boreomontaner Tiere Südtirols“ des Naturmuseum Südtirol und der Tiroler Landesmuseen. Dadurch konnte ein genetischer Fingerprint ermittelt werden, der für die Art einzigartig ist. Sie ist darüber hinaus biologisch äußerst interessant: „Sie gehört gemeinsam mit der Kleidermotte und einigen anderen einheimischen Arten zu den Echten Motten, ist aber nicht schädlich, sondern vielmehr ein Indikator für die Präsenz seltener Eulen und aus Sicht des Naturschutzes also sehr wertvoll“, erklärt der Biologe.
Die neu beschriebene Schmetterlingsart wurde nach einem finnischen Forscher Monopis jussii genannt, als deutsche Bezeichnung wurde „Raufußkauznestmotte“ gewählt. Die in Tiers entdeckte Art wurde ansonsten noch nie in den Alpen gesehen; neben zwei noch unveröffentlichten Funden aus Bayern ist sie vor allem in Nordeuropa weiter verbreitet. Man vermutet jedoch viele bisher übersehene Vorkommen in der Waldzone der Nordhalbkugel, somit auch in den Alpen.