Von: mk
Bozen – In Südtirol sind 32 verschiedene Agrargifte auf öffentlichen Plätzen nachgewiesen worden, viele davon mit hormoneller Wirkung. Ein internationales Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sieht dringenden Handlungsbedarf.
In einer neuen wissenschaftlichen Publikation belegten Forscher aus Italien, Österreich und Deutschland eine Pestizidbelastung von 19 ausgewählten Kinderspielplätzen, vier Schulhöfen und einem Marktplatz. Gezogen und analysiert wurden die 96 Grasproben 2018 vom Südtiroler Sanitätsbetrieb, der die Standorte auswählte sowie den Zeitpunkt der Probenentnahme bestimmte.
Die Autoren der Studie arbeiten unter anderem am Krebsforschungszentrum des Ramazzini Institutes in Bologna, an der Universität für Bodenkultur/Wien, sowie für das Pesticide Action Network Europe (PAN Europe). Die Studie belegt die Abdrift von 32 Pestiziden auf öffentliche Flächen. Sie bietet eine weitere wissenschaftliche Basis, die es den Verantwortlichen ermöglicht, konkrete Lösungen zum Schutz der Bevölkerung zu finden“, sagt Hertoge. Er weist darauf hin, „dass diese Studie einen elementaren Beitrag zu mehr Sachlichkeit in der Abdriftdiskussion liefert – so, wie sie auch von der Südtiroler Politik gefordert wird“.
Die Forscherinnen und Forscher räumen ein, dass die gefundenen Konzentrationen durchaus niedrig seien. Allerdings zählte die überwiegende Anzahl (76 Prozent) der nachgewiesenen Stoffe zu den hormonell aktiven Substanzen, die bereits in sehr niedrigen Konzentrationen wirken und für die die klassische Dosis-Wirkungs-Beziehung nicht gilt. Diese Substanzen bringen den Hormonhaushalt von Menschen und Tieren durcheinander und werden mit einigen Krebsarten, Unfruchtbarkeit, Verhaltens- und Entwicklungsstörungen sowie mit Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes in Verbindung gebracht.
„Zusätzlich müssen wir davon ausgehen, dass diese Belastung bereits während der letzten Jahrzehnte aufgetreten ist“, sagt Caroline Linhart. Die Autorinnen und Autoren sehen dringenden Handlungsbedarf zur Verminderung der Pestizidabdrift. Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung sind eine verbesserte Ausbringungstechnik, strikte Beachtung der Windverhältnisse bei der Ausbringung und das Umstellen auf pestizidfreie Anbaumethoden.
Weitere Details zur Studie sollen im Rahmen einer virtuellen Pressekonferenz am 10. Februar vorgestellt werden.