Von: apa
Auf Österreichs Gletschern ist zu Beginn der Schmelzsaison 2025 so wenig Schnee wie noch nie gelegen. Der schneearme Winter könnte einen massiven Eisverlust bzw. eine “Rekordschmelze” erwarten lassen, erklärten die Glaziologin Andrea Fischer und ihr Kollege Hans Wiesenegger am Dienstag in einem Gastbeitrag gegenüber dem ORF. Zwar seien zum Teil auch “hohe Temperaturen aufgezeichnet” worden, diese hätten aber “mehr Auswirkungen auf den Permafrost”, sagte Fischer indes zur APA.
“Der fehlende Niederschlag bereitet uns hingegen insbesondere in Bezug auf die Gletscherschmelze starkes Kopfzerbrechen”, betonte die Expertin. Fischer warnte vor einem Szenario, das jenes von 2022 übertreffen könnte – mit bis zu sechs Metern zusätzlichem Eisverlust aufgrund früher einsetzender bzw. länger anhaltender Abschmelzperiode.
Besonders im Westen Österreichs habe ein trockener schneearmer Winter zu einer äußerst schwierigen Lage für die heimischen Gletscher geführt, so Fischer. Bereits Anfang Mai sei auf vielen Gletschern blankes Eis sichtbar gewesen – und das nicht nur in tieferen Lagen. Die Tiroler Wissenschafterin vom Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung (IGF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) erklärte in dem Gastbeitrag, dass vielerorts bis zu 35 Prozent der sonst üblichen Schneemengen fehlen. Eine Kälteperiode, die die Situation noch entscheidend verbessern könnte, sei derzeit jedenfalls kaum in Sicht.
Gletscher ohne Schneedecke besonders gefährdet
Auf dem in den Hohen Tauern im Salzburger Pinzgau gelegenen Stubacher Sonnblickkees etwa liege rund 2,5 Meter weniger Schnee als im langjährigen Mittel. Besonders gut erkennbar sei dies an der aktuellen Aufzeichnung an der Station Rudolfshütte in unmittelbarer Nähe zum Gletscher. Das langjährige Mittel zeige indes an, dass sich die Schneedecke normalerweise in der Akkumulationsperiode bis Anfang Mai aufbaut. Am Seekarlesferner in den Ötztaler Alpen in Tirol betrage das Schnee-Defizit gar rund 35 Prozent, ließen die Forscher in ihrem Bericht wissen. Einzelne Gletscherzungen – etwa auf der Pasterze oder am Dachstein – zeigten bereits Spalten und blankes Eis, wo sonst im Mai noch meterhoher Schnee liegt.
Besonders gravierend sei die Situation indes dort, wo der Schnee auch im Herbst ausblieb oder die Schneedecke durch Wind zusätzlich ausgedünnt wurde. So sei am Jamtalferner bei Galtür beispielsweise weniger als ein Meter Schnee auf der Zunge gelegen, erste Eisflächen bereits aper gewesen. In den höchsten Bereichen des Gletschers hätten die Forscher auch nur knapp über zwei Meter Schnee vorgefunden. Die Winterbilanz erreiche damit einen historischen Tiefstand.
Forscher erwarten massive Eisverluste
Fischer und Wiesenegger rechnen jedenfalls mit einem massiven Eisverlust im Sommer 2025. Sollte sich das Eis – wie an vielen Stellen prognostiziert – bereits Anfang Juni freilegen, statt wie üblich erst Mitte Juli, würde die Schmelzsaison um bis zu zwei Monate verlängert. Das könne laut Fischer einen zusätzlichen Verlust von bis zu sechs Metern Eisdicke bedeuten – doppelt so viel wie im bisherigen Extremjahr 2022, als im Mittel drei bis vier Meter Eis verschwanden. Jeder Tag ohne schützende Schneedecke koste nämlich rund zehn Zentimeter Eisdicke, berichteten die Wissenschafter.
Die vergleichsweise hohen Temperaturen im Winter seien indes “nicht so problematisch” für die Gletscher, unterstrich Fischer, Wissenschafterin des Jahres 2023, gegenüber der APA. Dahingehend wären ihre erwähnten “Kopfschmerzen” nicht so groß. Sehr wohl aber hätten die hohen Temperaturen aber Auswirkungen auf den Permafrost.
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