Bozner Familie plädiert für biologisches Testament

Sterbehilfe: Debatte flammt in Italien wieder auf

Mittwoch, 01. März 2017 | 17:33 Uhr

Bozen – Nachdem ein Italiener in einem Schweizer Sterbekrankenhaus freiwillig aus dem Leben geschieden ist, wird in Italien wieder heftig über die Sterbehilfe diskutiert. Der 40-jährige Musiker DJ Fabio, der blind und gelähmt war, wurde am Montag in Pfäffikon ZH von Sterbehelfern auf seinem letzten Weg begleitet. Zuvor verabschiedete er sich in einer Videobotschaft von seinen Fans. Auch eine Bozner Familie setzt sich dafür ein, dass in Italien ein biologisches Testament erlaubt wird.

Derzeit ist Sterbehilfe in Italien verboten, obwohl seit Jahren über ein neues Gesetz geredet wird.

Es sei die Hölle auf Erden. Nur Schmerzen, Schmerzen, Schmerzen. So beschreibt der Mailänder Musiker – sein bürgerlicher Name lautet Fabiano A. – sein Leben. Seine Welt ist tiefste Dunkelheit, er ist in kompletter Unbeweglichkeit erstarrt. DJ Fabio wollte nur noch, dass sein Leiden endet.

In der Nacht des 13. Juni 2014 riss ein schwerer Autounfall den gelernten Broker aus dem Partyleben. Nach dem Unfall pumpte ein Rohr in der Kehle Luft in seine kraftlosen Lungen. Nur den Mund konnte er noch bewegen.

Am Montag biss Fabiano A. auf einen Kontaktknopf. Das tödliche Mittel Sodium Pentobarbital floss über eine Sonde in die Blutbahn. Wenige Minuten später, um 11.40 Uhr, schloss DJ Fabio seine Augen für immer.

Jahrelang hatte der Mailänder in seiner Heimat um aktive Sterbehilfe gefleht. Doch selbst ein verzweifelter Brief an Staatspräsident Sergio Mattarella hat nichts bewirkt.

Fabiano A. wandte sich sich darauf an den italienischen Politiker Marco Cappato, der für legale Euthanasie in Italien kämpft. Der Politiker stellte den Kontakt zur Schweizer Sterbehilfe Dignitas her und organisierte den Transport des Schwerbehinderten am Sonntag. Diese Art von Hilfe ist in Italien strafbar, Cappato riskiert bis zu zwölf Jahre Haft, berichtet blick.ch.

Seine Mutter und seine Verlobte Valeria hatten Fabiano bei seiner Reise in die Schweiz begleitet.

Bozner lag sieben Jahre lang im Wachkoma

Szenenwechsel: Mattia Fiori aus Bozen starb ist im Alter von 31 Jahren am 10. November 2014. Vorher lag er sieben Jahre lang im Wachkoma. Weil er allergisch auf ein Antibiotikum reagiert hatte, erlitt er einen anaphylaktischen Schock. Er befand sich alleine zu Hause und niemand konnte ihm helfen.

Sein wahres Leben endete bereits am 1. März 2007. Jahrelang lag der junge Mann unfähig zu irgendeiner Bewegung im Bett. Sein Vater Renato Fiori ist sich sicher, dass er während dieser Zeit gelitten hat. Er selbst hätte das Leben seines eigenen Sohnes niemals beenden können, doch er verstehe jene, die Sterbehilfe in Anspruch nehmen.

Er plädiert dafür, dass in Italien die Möglichkeit eines biologischen Testaments eingeführt wird. Jeder Mensch sollte in zurechnungsfähigem Zustand eine Erklärung abgeben können, was mit ihm unter bestimmten Umständen passieren soll, erklärt Fiori.

SVP-Senator Karl Zeller zweifelt Medienberichten zufolge daran, dass in Italien in den nächsten Jahren die Sterbehilfe erlaubt wird.

Der Präsident des Landesethikkomitees, Herbert Heidegger, erklärte in einem Radio-Interview, dass es in erster Linie zwar um einen lebensbejahenden Ansatz gebe, wie etwa in der Palliativmedizin. In bestimmten Situationen könne er sich Sterbehilfe aber vorstellen.

Von: mk

Bezirk: Bozen