Von: mk
Bozen – Im Todesfall Heuschreck hat Verteidiger Beniamino Migliucci am Freitag versucht, die Geschworenen mit einem sehr emotionalen Plädoyer von der Unschuld seiner Mandantin zu überzeugen. „Haben Sie nie unsinnige Dinge gesagt, aus Angst oder um sich zu verteidigen?“, fragte er. Man müsse sich in die Lage von Ester Quici am Todesabend ihres Verlobten zu versetzen.
Gleichzeitig wies er auf mutmaßliche Ungereimtheiten in den Vorwürfen gegen die 34-Jährige hin, während sein Kollege Enrico Lofoco auf die Parallelen zu einem früheren Selbstverletzungsakt von Alessandro Heuschreck verwies.
Am Samstagnachmittag fällt das Urteil.
Die Verteidigung fordert Freispruch Ester Quici. Die Tat hat sich am 21. März 2015 in der Wohnung in der Bozner Freiheitsstraße 50 zugetragen. Die 18 Messerstiche am Körper des 50-jährigen Alessandro Heuschreck habe er sich selbst zugefügt, so Lofoco. Heuschreck habe an Depressionen gelitten, auch sein Alkoholproblem sei wieder aufgeflammt.
Er und Quici hätten sich gestritten – ähnlich wie ein Jahr zuvor, als Heuschreck sich nach einer Auseinandersetzung mit einem Küchenmesser mit elf Zentimeter langer Klinge selbst verletzt hatte – um Quici unter Druck zu setzen, damit sie ihn nicht verlasse. Dass er noch lebte, habe er seiner Partnerin zu verdanken gehabt. Sie habe die Rettung gerufen.
Die Ermittler des RIS hätten bestätigt, dass auf Quicis Kleidung keine Blutspritzer waren. Wenn sie auf ihn eingestochen, wären dort welche gewesen. Auch die medizinische Gutachterin der Staatsanwaltschaft habe erklärt, dass sich zumindest 14 der Stiche durchaus durch Selbstverletzung zurückführen ließen.
Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft wurden auf Eindrücken, Suggestionen und Ungenauigkeiten beruhen, argumentierte Rechtsanwalt Beniamino Migliucci. 90 Prozent der Argumente der Anklage hätten darauf abgezielt, zu unterstellen, dass „Quici eine unsympathische, manipulative und kalte Person ist“, kritisierte Migliucci. Die These der Staatsanwaltschaft, wonach der Streit zwischen dem Paar ausbrach, weil Heuschreck zu müde war, die Pflanzen aus dem Auto zu holen, sei „reine Fiktion“. Vielmehr sei Heuschrecks heftige Eifersucht der Grund für die Auseinandersetzung gewesen.
Die Staatsanwaltschaft wirft Quici vor, zu spät Hilfe gerufen zu haben, deshalb sei Heuschreck verblutet. „Schauen Sie bei einem Streit auf die Uhr?“, fragte der Anwalt. Zu den unterschiedlichen Versionen, die Quici den Ermittlern nach dem tragischen Vorfall geliefert hatte, meinte er: „Haben Sie nie aus Angst unsinnige oder konfuse Dinge gesagt?“
Quici sei besorgt gewesen, ihre Kinder zu verlieren, falls das Jugendgericht von dem Vorfall erfahre. Sie sei nach dem Geschehen nachvollziehbarerweise in Panik geraten. Allein wegen ihrer Angst habe Quici anfangs erzählt, dass Heuschreck außer Haus angegriffen worden sei.
„Meine Mandantin ist nicht berechnend, sondern eine sehr emotionale Person“, betonte der Verteidiger. Der Notarzt habe erklärt, er leite nur dann Wiederbelebungsmaßnahmen ein, wenn er glaube, dass Hoffnung besteht – wie im Fall von Heuschreck. Dies zeige, dass er noch am Leben gewesen sei.
„Es gab keinen Messerangriff seiner Mandantin und kein mutwilliges Verbluten lassen – und deshalb auch keinen Mord“, erklärte Migliucci laut dem Dolomiten-Bericht.