Viele Obdachlose überqueren die Gleise

Tödliches Unglück in Meran stimmt nachdenklich

Sonntag, 25. November 2018 | 11:08 Uhr

Meran – Der 45-jährige Marokkaner, der in Untermais in Meran am Freitag vom Zug überfahren wurde, stimmt traurig und nachdenklich. Der Mann lebte in einer offenen Lagerstelle unter der Marlinger Brücke, die nur durch das Überqueren der Geleise erreichbar ist. Fast täglich gehen Obdachlose, die von Almosen leben und sich dort zurückziehen, denselben Weg, berichtet die Tageszeitung Alto Adige.

Den Behörden ist die Situation bekannt. Bereits mehrmals wurde die illegale Unterkunft geräumt. Die Anzahl der Obdachlosen, die dort Unterschlupf finden, variiert. Im Schnitt handelt es sich um rund zehn Personen.

Der 45-Jährige befand sich gerade auf dem Rückweg zum Obdachlosenlager, als es zu dem Unglück gegen 18.30 Uhr kam. Dass er eine Verzweiflungstat begehen wollte, wird eher ausgeschlossen, da er Einkaufstaschen bei sich trug. Kurz zuvor hatte der Zug den Meraner Bahnhof verlassen und war in Richtung Bozen unterwegs.

In der Dämmerung hat der Mann den Zug vermutlich nicht bemerkt. Obwohl der Lokführer die Notbremse gezogen hat, konnte ein Zusammenstoß nicht mehr verhindert werden. Der 45-Jährige war auf der Stelle tot. Wie die Staatsanwaltschaft feststellte, hat das Opfer schwere Traumata am Kopf und im Gesicht erlitten.

Jeder, der mit dem Auto vorbeifährt, sieht die illegalen Schlafplätze inmitten von Unrat. Doch auch nach mehreren Räumungen sind die Obdachlosen immer wieder zurückgekehrt. Einige haben zwar eine höhere Umzäunung vorgeschlagen, doch der Ort ist von mehreren Seiten aus erreichbar – im Extremfall vom Bahnhof in Meran selbst. Die Gleise müssen aber in jedem Fall überquert werden, um dorthin zu gelangen.

Im vergangenen Frühjahr hat Stadtrat Stefan Frötscher das Problem angesprochen. Durch Einbeziehung der Sozialdienste und durch Sensibilisierungsarbeit sollten die Betroffenen aufgefangen werden. Doch viele der Obdachlosen lehnen das System ab und weigern sich, Hilfe anzunehmen.

Trotzdem bleibt die Frage, ob genug getan wurde, um so einen tragischen Unfall zu verhindern. „Das Unglück bedrückt uns tief“, erklärt Bürgermeister Paul Rösch laut Alto Adige. Er vermutet, dass es sich bei dem Todesopfer um einen illegalen Einwanderer handelt. „Dies besorgt uns gerade angesichts dessen, was sich auf gesetzgeberischer Ebene tut. Das Sicherheitsdekret, sollte es das Parlament in dieser Form absegnen, wird nur Menschen weiter in die Illegalität treiben“, fügt Rösch hinzu. Das Sprar-Programm sei nun ebenfalls in Gefahr. Trotzdem sei es der Gemeinde gelungen, Beispiele für gelungene Integration zu liefern.

Insgesamt glaubt Rösch, dass eine Umzäunung der Gegend wenig bringt. Vermutlich wird das Obdachlosenlager erneut geräumt. Doch was passiert dann?

Von: mk

Bezirk: Burggrafenamt