Von: APA/AFP
Die Weltmeere werden immer wärmer, saurer und dreckiger: Um über einen besseren Schutz der Ozeane zu beraten, kommen ab Montag Vertreterinnen und Vertreter von 70 Ländern sowie Aktivistinnen und Aktivisten, Unternehmensleiterinnen und -leiter sowie und Geldgeberinnen und -geber zur dritten UNO-Ozeankonferenz zusammen. Die alle vier Jahre stattfindende UNO-Ozeankonferenz gilt als wichtigster internationaler Gipfel für den Meeresschutz.
Die Ozeane sind “in einer Notlage”, warnt Li Junhua von der UN-Abteilung für Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten. Die UNO-Ozeankonferenz vom 9. bis 13. Juni sei deshalb “nicht einfach irgendein Routine-Treffen”. Mit der sich verschlechternden Gesundheit der Ozeane sei auch das Wohlergehen der Menschheit gefährdet. Noch jedoch sei “genug Zeit, unseren Kurs zu ändern, wenn wir gemeinsam vorgehen”.
Rekordtemperaturen im Wasser im vergangenen Sommer
Vom Tagungsort in Nizza sind es nur wenige Schritte zur Küste des Mittelmeeres, das zu den am stärksten verschmutzen Meeren weltweit zählt. Im vergangenen Sommer wurde eine historische Höchsttemperatur von 28,9 Grad im Mittelmeer gemessen. Die steigenden Meerestemperaturen sind eine Folge der Erderwärmung.
Frankreich hat als Ziel ausgegeben, dass die Nizza-Konferenz für den Schutz der Ozeane ähnlich bedeutend wird, wie es die Pariser Klimakonferenz 2015 für den Kampf gegen die Erderwärmung war. Derzeit stehen nur etwa acht Prozent der Weltmeere unter Schutz. Mit der Konferenz in Nizza könnte die Schwelle von zehn Prozent überschritten werden, heißt es aus dem französischen Umweltministerium.
Keine Delegation aus den USA
Zu den großen Abwesenden bei der UNO-Ozeankonferenz werden voraussichtlich die USA zählen, die bisher keine Delegation angekündigt haben. US-Präsident Donald Trump hatte erst Ende April ein Dekret zum umstrittenen Tiefseebergbau in internationalen Gewässern unterzeichnet.
Forschende und Umweltschützer warnen vor Artenverlusten und irreversiblen Schäden für die Ökosysteme durch das Schürfen nach Rohstoffen am Meeresgrund. Bisher unterstützen lediglich etwa 30 Länder ein Moratorium für Tiefseebergbau. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hofft darauf, dass bis Ende des Jahres 60 Staaten das 2023 beschlossene Hochseeabkommen ratifizieren, damit dieses in Kraft treten kann. Bis jetzt haben erst 28 Länder und die EU das Abkommen ratifiziert. Es soll unter anderem das Einrichten von Schutzgebieten auf hoher See ermöglichen, die bisher als rechtsfreier Raum galt.
Meere und Ozeane spielen eine erhebliche Rolle mit Blick auf die Erderwärmung, da sie große Mengen an Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Atmosphäre aufnehmen. Dadurch verändert sich allerdings die chemische Zusammensetzung des Meerwassers, es wird saurer. Korallen, Austern, Seeigel und zahlreiche weitere Meereslebewesen werden dadurch gefährdet.
Costa Ricas Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Maritza Chan Valverde, zeigte sich im Vorfeld hoffnungsvoll, bei der Konferenz finanzielle Zusagen in Höhe von 100 Milliarden Dollar (rund 88 Milliarden Euro) für den Meeresschutz zu erreichen. Zudem soll in Nizza eine politische Erklärung verabschiedet werden, in der sich die Teilnehmer für mehr Meeresschutz aussprechen, gepaart mit freiwilligen Zusagen einzelner Regierungen. Die Umweltorganisation Greenpeace kritisiert den Text bereits vor Verabschiedung als “schwach”.
“Freiwillige Versprechen reichen nicht”
Stark bei der Konferenz vertreten dürften Politiker aus der besonders betroffenen Pazifikregion sein. Sie fordern konkrete Finanzierungszusagen: “Die Botschaft ist klar: Freiwillige Versprechungen reichen nicht”, sagt der Umweltminister von Vanuatu, Ralph Regenavu.
Es gebe “ein verständliches Maß an Skepsis gegenüber großen Konferenzen”, sagt Meeresexperte Pepe Clarke von der Umweltschutzorganisation WWF. Die UNO-Ozeankonferenz in Nizza müsse jedoch ein “Wendepunkt” sein: “Denn bisher liegen wir weit hinter dem zurück, was zur Erhaltung eines gesunden Ozeans für die Zukunft notwendig ist.”
Gefahr für Korallenriffe
Das künftige Schicksal der Korallenriffe ist laut wissenschaftlichen Erkenntnissen nämlich klar vorherzusagen: Steigt die globale Durchschnittstemperatur um 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter, werden die meisten Riffe absterben. Unwahrscheinlich ist dieses Szenario nicht. Forschende erwarten, dass die 1,5-Grad-Marke innerhalb der kommenden zehn Jahre erreicht ist und die Korallen damit keine Überlebenschance haben.
Es sei wichtig, das zu akzeptieren und sich auf die Zukunft vorzubereiten, “statt zu versuchen, die Vergangenheit festzuhalten”, sagte der Vorsitzende des UNO-Wissenschaftsrats für biologische Vielfalt (IPBES), David Obura. “Ich wünschte, es wäre anders”, betonte der kenianische Riff-Forscher und Gründer der Meeresforschungsorganisation Cordio East Africa. “Aber wir müssen pragmatisch sein und uns auf die wahrscheinlichen Entwicklungen einstellen.”
Tatsächlich ist das Ende der Korallenriffe ein Thema, mit dem sich nur wenige Meeresforscher beschäftigen: “Wir haben Schwierigkeiten damit uns vorzustellen, dass wirklich alle Korallenriffe absterben könnten”, sagte die Riff-Forscherin Melanie McField von der Initiative Healthy Reefs for Healthy People. Unter ihren Kollegen gebe es da “eine Art von Prä-traumatischem-Stresssyndrom”.
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