"Viel Leid damit verbunden"

Wachsende Crack-Szene in Südtirol: “Gefahr für junge Menschen”

Dienstag, 08. November 2022 | 09:20 Uhr

Bozen – Regelmäßig melden die Polizeibehörden in Südtirol Erfolge gegen den illegalen Drogenhandel. Es geht meist um beschlagnahmte Drogen, Festnahmen und Anzeigen. Selten wird der Öffentlichkeit dabei bewusst, welches Leid eine Drogenabhängigkeit für die Betroffenen und deren Familien bedeutet.

Dr. Bettina Meraner, Psychologin und Primarin des Dienstes für Abhängigkeitserkrankungen spricht im Interview mit der Zeitung Alto Adige genau darüber. Es sei ein großes Tabu-Thema.  “Wer in unsere Abteilung ins Krankenhaus kommt, hat bereits eine Drogenkarriere hinter sich. Es geht den Betroffenen so schlecht, dass sie beinahe gezwungen sind, sich behandeln zu lassen.” Meraner beobachtet derzeit einen großen Anstieg von Personen mit Kokain-Problemen.

Doch ein Phänomen beunruhige sie derzeit stark: “Junge Menschen, die in die Crack-Sucht fallen.” Hier gebe es nämlich keine passenden Instrumente, um den Patienten effektiv zu helfen, so wie es bei Opiaten mit Substitutionen der Fall ist, erklärt die Ärztin.

Crack ist ein Ableger von Kokain und wird beim Rauchen inhaliert. Der Rauschzustand dauert meist nur wenige Minuten an. Das Suchtpotenzial ist jedoch extrem hoch.  Die “Crack-Steine” werden mit einer kleinen Pfeife geraucht und die Wirkung tritt somit unmittelbar ein. Auf den starken Rausch folge ein tiefes Loch. Der Konsument werde somit rasch verleitet, weitere Mengen zu konsumieren, womit der Teufelskreis beginne, so Meraner.

Im Zuge dieses Kreislaufs legen die Konsumenten ein aggressives, beinahe unkontrollierbares Verhalten an den Tag. Es sei schwer, ihnen zu helfen, so die Expertin. Gerade bei jungen Menschen in der Phase der Entwicklung könnten die starken Effekte von Crack und anderen Drogen die Persönlichkeit erheblich beeinträchtigen. In der Folge komme es unvermeidlich auch zu Problemen innerhalb der Familien. Insofern seien es auch gerade die Angehörigen, die die Konsumenten zum Dienst für Abhängigkeitserkrankungen bringen. “Doch weil es keine Ersatztherapien für Crack gibt, kann man den Süchtigen nicht gut helfen”, so Meraner.

Sie schildert auch, dass viele Schlägereien und Gewaltepisoden – etwa im Bahnhofspark in Bozen – auf Crack und andere Drogen zurückzuführen sind. Dabei seien es nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund, die Drogen konsumieren. Auch viele Einheimische – auch aus den Dörfern und Tälern – würden in die Landeshauptstadt kommen, um dort Drogen zu kaufen und zu konsumieren.

Von: luk

Bezirk: Bozen