Die Waldbrände in Griechenland vernichten immer mehr Fläche

Waldbrände im Nordosten Griechenlands breiten sich aus

Mittwoch, 23. August 2023 | 13:39 Uhr

Böses Erwachen für Millionen Griechen und Touristen am Mittwoch in Griechenland: Diesige, verqualmte Luft noch Hunderte Kilometer von den Bränden entfernt, ein von Rauchschwaden verdeckter Himmel und die Sonne lediglich als kleiner leuchtender Punkt am Horizont erwartete sie am Morgen. Den fünften Tag in Folge kämpft das Land weiter gegen gewaltige Vegetationsbrände. Vor allem die Feuerfronten im Nordosten breiteten sich noch weiter aus.

Wegen nahender Flammen und starker Rauchbildung sind in Griechenland auch am Mittwoch wieder zahlreiche Dörfer und Siedlungen in der Nähe großer Brandherde vorsorglich evakuiert worden. Unter anderem gab es Evakuierungen im Nordwesten der Hauptstadt Athen, aber auch im Nordosten des Landes in der Region der Stadt Komotini.

Neben Dörfern wurden auch ein Flüchtlingslager sowie drei Seniorenheime nördlich von Athen evakuiert, wie der Sender Skai berichtete. Abgesehen vom starken Rauch, der den älteren Menschen schwer zu schaffen mache, gebe es auch eine besonderes hohe Gefahr wegen der Sauerstoffflaschen, die die Altenheime zur Beatmung kranker Bewohner bereit hielten, hieß es.

Zusätzlich zu den Seniorenheimen und dem Flüchtlingslager sei auch eine nahe gelegene Polizeischule evakuiert worden, sagte ein Sprecher der Polizeigewerkschaft im griechischen Rundfunk (ERT).

Auch nahe Athen kämpften Feuerwehr und Freiwillige mit allen Mitteln gegen die Flammen. Wegen der Brände hat sich die Luftqualität in den vergangenen Tagen in weiten Teilen des Landes massiv verschlechtert. Einem Bericht der Tageszeitung “Kathimerini” zufolge sollen zwischenzeitlich bis zu 80 Prozent der Landesfläche von Rauchwolken bedeckt gewesen sein.

Nach dem Tod von mindestens 19 Menschen in der Region des griechisch-türkischen Grenzflusses Evros hat die Staatsanwaltschaft von Athen Ermittlungen wegen Brandstiftung eingeleitet. Das berichtete am Mittwoch der griechische Rundfunk (ERT). “Untersuchen Sie die Ursachen dieser Brände einschließlich jeglicher organisierter krimineller Aktivitäten”, zitierte der Sender den Auftrag der obersten Staatsanwältin Georgia Adeilini in einem Schreiben an die zuständigen Staatsanwälte von Evros.

Am Dienstag hatte die Feuerwehr auf der griechischen Seite des Grenzflusses zur Türkei 18 Leichen von Migranten entdeckt, die mutmaßlich von den Flammen eines großen Brandes eingekesselt worden waren und ums Leben kamen. Darunter sollen auch zwei Minderjährige gewesen sein. Zuvor war in der Gegend bereits die Leiche eines anderen Migranten entdeckt worden, der an Rauchvergiftung gestorben sein soll.

Die Behörden vermuten Brandstiftung als Ursache der zahlreichen Großbrände mit katastrophalen Folgen am Fluss Evros. Auch der griechische Nachrichtendienst (EYP) nimmt an den Ermittlungen teil, berichtete die griechische Presse.

Unterdessen litt fast das ganze Land unter der Luftverschmutzung, sagte Nikos Michalopoulos, Wissenschafter am Nationalen Observatorium von Athen, der Zeitung. Laut griechischem Wetterdienst zog der Rauch der gewaltigen Brände im Nationalpark Dadia im Nordosten des Landes am Dienstag mehr als 950 Kilometer weit bis zu den Inseln im Ionischen Meer. Er bedeckte demnach eine Fläche von rund 110.000 Quadratkilometern, was rund 80 Prozent des griechischen Territoriums entspräche. Auch am Mittwochmorgen zogen Rauchwolken über weite Teile des Landes.

“Es ist einer der beeindruckendsten Rauchtransporte, die wir in den letzten Jahren gesehen haben”, sagte der Direktor des Nationalen Observatoriums von Athen, Kostas Lagouvardos. Der griechische Verband der Pneumologen empfehle den Bürgern, sich so weit wie möglich in Innenräumen aufzuhalten und Fenster und Türen geschlossen zu lassen.

Konkret wurden am Dienstag etwa in der von Bränden fast umzingelten Stadt Alexandroupolis zwischenzeitlich Werte von 106 Mikrogramm Feinstaub der Größenkategorie PM2.5 (Durchmesser kleiner als 2,5 Mikrometer) pro Kubikmeter Luft gemessen. Gerade solche kleinen Partikel gelten als schädlich und als Verursacher von Schlaganfällen, Krebs und Atemwegserkrankungen. Sie können teils bis in die Lungenbläschen und in die Blutbahn vordringen.

Auch in Athen blieb die Lage der Brände angespannt; unter anderem brannte es nordwestlich der Stadt in Richtung des Gebirges Parnitha. Dort kämpfte die Feuerwehr die ganze Nacht, um das Übergreifen der Flammen auf die Berge zu verhindern. Parnitha gilt als grüne Lunge Athens und ist außerdem Nationalparkgebiet. Die Feuerwehr war mit 65 Löschzügen im Einsatz, im Morgengrauen begann wieder der Einsatz aus der Luft mit sieben Löschfliegern und acht Hubschraubern, darunter zwei deutschen Fliegern, die im Rahmen des Katastrophenschutz-Mechanismus der EU in Griechenland angekommen sind.

Insgesamt brennt es in Griechenland an mindestens 15 großen oder größeren Fronten, wie Satellitenbilder am Mittwoch zeigten. Die Prognose der Waldbrandgefahr sei geringfügig besser als noch am Dienstag, teilte der Zivilschutz mit. So soll der für die Jahreszeit typische Wind Meltemi nicht mehr so stürmisch wehen. Allerdings werde es örtlich immer noch Windgeschwindigkeiten um die 50 Kilometer pro Stunde geben, teilte der Wetterdienst mit. Entsprechend blieb die Waldbrandgefahr in vielen Landesteilen weiterhin hoch bis sehr hoch.

Von: APA/dpa