Südtirol im „gelbgrünen Bereich“, aber bei Abstrichen nur im Mittelfeld

Welche Regionen suchen das Virus am fleißigsten?

Montag, 25. Mai 2020 | 08:36 Uhr

Rom – Jeden Tag veröffentlicht der italienische Zivilschutz die offiziellen Coronaviruszahlen. Da sich Italien in der heiklen und ungewissen Phase zwei befindet, steht dabei besonders die Anzahl der aufgedeckten Neuinfektionen im Blickfeld. Aber auch diese von den einzelnen Regionen gemeldeten Zahlen sagen nur bedingt etwas über die herrschende Realität aus.

ANSA/MATTEO CORNER

Die Anzahl der gefundenen neuen SARS-CoV-2-positiven Fälle hängt auch davon ab, wie intensiv nach ihnen gesucht wird. Die Wissenschaftler und Experten der angesehenen Stiftung „Gimbe“ werteten die Zahlen der diagnostischen Abstriche eines ganzen Monats aus, verglichen sie mit den gemeldeten neuen Corona-Fällen und erstellten ein Diagramm, in dem die Regionen je nach „Suchfleiß“ – sprich gezählten „diagnostischen“ Abstrichen – und die Anzahl der Neuinfektionen in vier farbige Zonen eingeteilt wurden. Südtirol erreicht zwar knapp die „gelbgrüne Zone“, was die Neuansteckungen anbelangt, liegt aber bei der Anzahl der diagnostischen Abstriche nur im italienischen Mittelfeld.

Das Virus findet man nur, wenn man intensiv nach ihm sucht. Diese Suche ist gerade in der heiklen Phase zwei, in der sich Italien und viele andere europäische Länder gerade befinden, sehr wichtig, weil nur auf diese Art und Weise die asymptomatischen Virusträger, die andere anstecken könnten, entdeckt werden können. Um sich einen Überblick über die Testintensität zu verschaffen, werteten die Wissenschaftler und Experten der angesehenen Stiftung „Gimbe“ für den „Corriere della Sera“ alle zwischen dem 22. April und dem 20. Mai – es handelt sich um die Übergangszeit vom Lockdown zur Phase zwei – gemeldeten Daten aus.

Dabei standen drei Daten im Mittelpunkt: Die Anzahl der „diagnostischen“ Abstriche (bei den „diagnostischen Abstrichen“ handelt es sich um jene, bei denen es darum geht, herauszufinden, ob die betreffende Person SARS-CoV-2-positiv ist oder nicht, wobei alle folgenden Kontrollabstriche nicht berücksichtigt werden), die Anzahl der neu entdeckten Corona-Fälle und der Prozentsatz der positiven Abstriche gemessen an der Gesamtbevölkerung. Um einen Vergleich herzustellen, werden die ersten beiden Daten jeweils auf eine Bevölkerung von 100.000 Einwohnern umgerechnet.

ANSA/FRANCESCO NUCCIO

Sieht man sich die täglich gemeldeten Zahlen näher an, wird schnell klar, dass die einzelnen italienischen Regionen sehr unterschiedlich „fleißig“ beim Testen sind. Um die Unterschiede bei den vorgenommenen „diagnostischen“ Abstrichen zu verdeutlichen, erstellten die Experten der Stiftung „Gimbe“ ein Diagramm, in dem die Regionen je nach „Suchfleiß“ – sprich gezählten „diagnostischen“ Abstrichen – und die Anzahl der Neuinfektionen in vier farbige Zonen eingeteilt wurden.

Die „grüne Zone“ entspricht dabei jenen Regionen, die gemessen an ihrer Bevölkerung viele Abstriche tätigen – salopp formuliert „fleißig nach dem Virus suchen“ – aber trotzdem kaum neue SARS-CoV-2-positive Fälle entdecken. Zu diesen Regionen gehören beispielsweise das Aostatal oder auch Umbrien und die Basilikata, wo trotz 2.700 bis 2.800 Abstrichen umgelegt auf 100.000 Einwohner nicht einmal ein Dutzend neue Corona-Fälle entdeckt wurden. Aufgrund der hohen Testintensität und den niedrigen Fallzahlen geht man davon aus, dass in den „grünen“ Regionen die Epidemie erfolgreich eingedämmt ist.

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In der „roten Zone“ hingegen befinden sich jene Regionen, die zwar wenige neue Fälle melden, aber in denen gemessen an ihrer Bevölkerung eine unter dem italienischen Durchschnitt liegende Anzahl von „diagnostischen“ Abstrichen durchgeführt wurde. In diesen Regionen, zu denen mehrere süditalienische Regionen wie Apulien und Kampanien gehören, besteht daher weiterhin der Zweifel, ob die Anzahl der neuen Corona-Fälle in Wirklichkeit nicht höher liegt.

In die „gelbe Zone“ fallen zuletzt jene Regionen, die zwar relativ „fleißig“ suchen, aber auch viele Neuinfektionen entdecken. Zu dieser Gruppe gehören die italienischen Sorgenkinder Lombardei, Piemont und Ligurien aber auch Südtirols Nachbarprovinz Trentino. Südtirol hingegen schafft es zwar gerade noch in die „gelbgrüne Zone“, liegt aber bei der Anzahl der „diagnostischen“ Abstriche nur knapp über dem italienischen Durchschnitt.

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Um vorhandene asymptomatische Virusträger zu entdecken und zu isolieren sowie ein minutiöses Screening der Bevölkerung durchzuführen, ist es laut dem Präsidenten der Stiftung „Gimbe“, Nino Cartabellotta, unbedingt notwendig, dass jene Regionen, die heute noch zu wenig testen, ihre Testkapazität steigern. Das dürfte den Zahlen zufolge auch für Südtirol gelten. Ein erfolgreicher Verlauf der Phase zwei und ein Eintritt in die Phase drei kann nur gelingen, wenn möglichst viele asymptomatische Virusträger „herausgefischt“ werden.

Von: ka

Bezirk: Bozen