Von: mk
Bozen/Trient – Die Krise bremst die Menge an Zivilklagen ein. Prozesse kosten und Bürger halten es deshalb häufig für sinnvoller, Streitigkeiten nicht vor Gericht auszutragen. Dies ging aus dem Bericht des Trientner Oberstaatsanwaltes Sandro Raimondi anlässlich der Eröffnung des Gerichtsjahrs in der Region in Trient hervor. Den Vorsitz bei der Eröffnung des Gerichtsjahres hatte die Präsidentin des Oberlandesgerichts in Trient, Gloria Servetti, inne.
Doch es gibt auch weniger Erfreuliches, das ins Auge sticht: Sowohl die vermehrten Anzeigen wegen Gewalt an Frauen hat der Oberstaatsanwalt vermerkt als auch die schwindelerregende Zunahme an Wohnungseinbrüchen.
3.000 Fälle wurden in einem Jahr registriert, allein Rovereto gab es einen Zuwachs um 143 Prozent in zwölf Monaten. Leicht zurückgegangen sind hingegen die Vergehen in Zusammenhang mit dem Drogenhandel. Allerdings ist der Konsum von Heroin wieder angestiegen.
Speziell in Südtirol bereiten der Justiz die zunehmenden Fälle von Korruption Kopfzerbrechen.
Generell lässt sich bei Verkehrsunfällen die zunehmende Zahl von Fällen unterlassener Hilfeleistung feststellen. Auch die Unfälle wegen Trunkenheit am Steuer nehmen zu.
Zum Schluss mahnte der Oberstaatsanwalt, weiterhin die Sicherheit in Skigebieten im Auge zu behalten, da es sich um einen wichtigen Wirtschaftszweig in der Region handle.
“Ausgewogenes Verhältnis”
Servetti wies in ihrer Rede hingegen auf ein „gutes Gleichgewicht zwischen neuen und abgeschlossenen Fällen hin. Die Tatsache, dass das Gerichtsjahr eben erst begonnen habe, werde er erlauben, dass die positive Entwicklung anhalte, zeigte sich die Präsidentin zuversichtlich.
592 Zivilverfahren konnte das Oberlandesgericht abschließen, 634 sind neu dazugekommen, während 523 am 30. Juni für die Periode 2017/2018 noch anhängig sind.
376 Verfahren konnte vom Oberlandesgericht in Bozen abgeschlossen werden, 481 sind neu eingetreten und 591 Verfahren sind vom vergangenen 31. Juni noch anhängig.
Das Bozner Landesgericht hat hingegen 11,851 Zivilverfahren abgeschlossen. 11.643 sind neu dazugekommen und 4.860 sind anhängig.
Am Gericht in Trient sind die Zahlen ähnlich. Dort wurden 11.636 Verfahren abgeschlossen und neben 6.468 anhängigen Verfahren sind 11.675 neu eingetreten.
Das Gericht in Rovereto brachte hingegen 3.680 Verfahren zum Abschluss, 3.639 sind neu eingetreten und 1.558 Verfahren sind anhängig.
Das Jugendgericht in Bozen konnte 606 Verfahren abschließen, 604 Verfahren sind dazugekommen, während 638 Verfahren anhängig sind. Beim Jungendgericht in Trient wurden 321 Verfahren abgeschlossen, 492 sind hinzugekommen und 1.125 sind noch anhängig.
Kompatscher peilt Agentur an
Beste Bedingungen zu schaffen, damit das Gerichtswesen in der Region Trentino-Südtirol und in den beiden Ländern optimal arbeiten könne, sei das Ziel der vor zwei Jahren erfolgten Übernahme der Zuständigkeiten im Bereich der Justiz vom Staat. Das wiederholte unterdessen der Präsident der Region und Landeshauptmann von Südtirol, Arno Kompatscher, heute bei der Eröffnung des Gerichtsjahres in Trient. Dabei unterstrich Kompatscher die wichtige Rolle des Gerichtswesens in einer demokratischen Gesellschaft.
Bekanntlich ist die Region seit Inkrafttreten der entsprechenden Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut für das Verwaltungspersonal des Gerichtswesen und die Infrastruktur zuständig, letztere ist auch ins Eigentum der beiden Länder Südtirol und Trentino übergegangen. Vieles sei in den vergangenen Monaten getan und erreicht worden, erklärte Kompatscher, der nicht zuletzt auf den jüngst ausgeschriebenen Wettbewerb zur Aufnahme weiteren Personals hinwies, 18 Gerichtsassistenten und zwei Sprachexperten.
Sowohl den Übergang des Verwaltungspersonals in die Stellenpläne der Region habe man sich einiges kosten lassen, auch die technische Ausstattung der Ämter sei verbessert worden, ein bereits genehmigtes Bauprogramm sehe zudem zehn Millionen Euro vor, um die Gerichtsgebäude instandzusetzen. Damit habe die Region die Ausgaben zur Verbesserung der Gerichtsgebäude und der Ausstattung gegenüber dem Staat fast verdoppelt.
“Allerdings”, so Kompatscher, “sind die Verfahren komplex und die Verhandlungen mit dem Staat langwierig.” Um die Verfahren zu vereinfachen und die Zeiten zu verkürzen, regte Kompatscher daher die Errichtung einer Agentur an, die flexibler und schneller handeln könne, “damit die positiven Auswirkungen des Übergangs der Zuständigkeiten im Justizwesen möglichst bald für alle spürbar werden und auch die Bürger in der Region davon profitieren können”.