Junge Leute leiden – ein Kommentar

Zerstörte Träume und Hoffnungen

Donnerstag, 11. März 2021 | 09:11 Uhr

Von: ka

Bozen – Traurig blickt ein junges Augenpaar in die Ferne. Nach fünf Stunden Distanzunterricht vor dem Monitor wollen die Augen nicht mehr. Sie sind nur mehr müde und wollen sich schließen. Fern schweifen die Gedanken.

Fern sind die schönen Tage, als die jungen Leute sich noch vor der Schule trafen und in der Klasse einen Unterricht genießen konnten, der diesen Namen auch verdient. Fern sind auch die Abende und Nächte, als die jungen Leute das Stadtzentrum bevölkerten und – manchmal jugendlich leichtsinnig – durch die Lokale und Diskotheken der Umgebung zogen. Neben manch Enttäuschung winkte dem einen oder anderen Herz dabei auch das Glück der Liebe.

ANSA/ MARCO BOSCATO

Damals – auch wenn diese Zeit kaum mehr als ein Jahr zurückliegt, scheint sie heute unendlich fern – stand den jungen Leuten noch die ganze Welt offen. An jeder Ecke boten sich ihnen neue und interessante Berufschancen und Ausbildungsmöglichkeiten an, die den jungen Leuten für die Zukunft ein erfülltes Arbeitsleben und ein sicheres Auskommen verhießen. Der eine oder andere ergriff sogar die Chance, sich den Traum zu erfüllen, etwas ganz Eigenes auf die Beine zu stellen.

FCS/Sport Bordoni

Aber seit einem Jahr liegt die Zukunft der jungen Leute auf dem Friedhof der Träume und Hoffnungen. Schule und Ausbildung reduzieren sich oftmals auf den stieren Blick auf einen Computerbildschirm. Aufgrund der Schließung vieler Betriebe und angesichts der Arbeitslosigkeit vieler ihrer Eltern fielen die vorher so verheißungsvollen Ausbildungs- und Berufsaussichten vieler junger Leute zu Boden wie abgestorbene Blätter nach einem kalten Herbstwind. „Ihre“ Lokale in und vor denen sie sich so gerne tummelten, sind seit Monaten geschlossen. Das Glück vergangener Tage, zusammen Sport zu betreiben und abends gemeinsam zu lachen und zu feiern, ist nur mehr eine blasse Erinnerung längst vergangener Tage.

Facebook/PRAJA GALLIPOLI

In Corona-Zeiten, in denen sich alles nur mehr um das Infektionsgeschehen, neue Mutanten und die Belegung der Intensivbetten dreht, wird den jungen Leuten bewusst, dass sie keine Lobby haben und „ihr Leben“ und „ihre Welt“ nichts zählt. In einer Gesellschaft, die immer älter wird, suchen die Jungen oft vergeblich ihren Platz.

Am meisten aktiv und als letzte geimpft, fragen sich nicht nur die jungen Leute, sondern auch namhafte Experten, ob es nicht besser sei, die Jungen vor den Älteren durchzuimpfen? Viele jungen Leute werden den Gedanken nicht los, dass die Impfreihenfolge jenseits süßer Worte ihren eigentlichen Stellenwert in der Gesellschaft widerspiegelt. Sollte es aber vielmehr nicht unser aller Interesse sein, über die Impfung der aktiven Bevölkerung das Land wieder in Gang zu bringen?

Die jungen Leute wissen aber auch, dass dieser Spuk eines Tages vorbei sein wird. Die Folgen des Corona-Schocks werden aber bleiben und manch jungen Traum gehörig zurechtstutzen. Den jungen Leuten ist bewusst, dass die Welt nach Corona eine andere sein wird. Dass mindestens ein Jahr junger Unbeschwertheit unwiederbringlich verloren ist, ist dabei noch das kleinste Übel.

Bezirk: Bozen