Von: ka
Mailand – Ein tödlicher Auffahrunfall, der sich in der Nacht vom Freitag auf den Samstag bei einer Autobahnmautstation ereignet hat, schockt Mailand.
Ein psychisch kranker 39-jähriger Mann, der durch seine Fahrweise vorher über mehrere Kilometer hinweg die anderen Verkehrsteilnehmer in Angst und Schrecken versetzt hatte, fuhr bei einer Autobahnmautstelle mit einer Geschwindigkeit von rund 150 Kilometern pro Stunde ungebremst auf einen stehenden Kleinwagen auf. Die beiden Insassen des Kleinwagens, die 54-jährige Laura Amato und die 59-jährige Claudia Turconi, hatten keine Chance. Laura Amato, die ihren Lancia Ypsilon angehalten hatte, um das Autobahnticket entgegenzunehmen, und ihre Freundin waren auf der Stelle tot. Der 39-Jährige hingegen, in dessen Blut Spuren von Cannabis und Benzodiazepinen gefunden wurden, wurde in eine psychiatrische Klinik eingeliefert.
Es war am frühen Samstagmorgen gegen 2.30 Uhr als zwei Freundinnen, die 54-jährige Laura Amato und die 59-jährige Claudia Turconi, von einer Geburtstagsfeier heimkehrten. Laura Amato war am 25. Januar 54 Jahre alt geworden, hatte aber erst am Freitagabend die Gelegenheit gefunden, mit ihren Freundinnen, die gleich wie sie im Krankenhaus arbeiten, zu feiern. An der Autobahnmautstelle Milano-Ghisolfa nordwestlich von Mailand hielt Laura Amato, die am Steuer ihres Lancia Ypsilon saß, ordnungsgemäß ihren Kleinwagen an, um das Autobahnticket entgegenzunehmen.
Plötzlich tauchte wie aus dem Nichts ein Fahrzeug auf, das sich mit hoher Geschwindigkeit der Mautstation näherte. Alle Hinweistafeln, die die Mautstation ankündigen, missachtend, ging der Lenker des Fahrzeugs, ein 39-jähriger italienisch-marokkanischer Doppelstaatsbürger, der auch die Führerscheine beider Länder besaß, nicht vom Gas. Sein Fahrzeug, eine Lancia Musa, fuhr mit rund 150 Kilometern pro Stunde auf das stehende Auto auf. Laura Amato und Claudia Turconi hatten keine Chance, den Unfall zu überleben. Durch die Wucht des Aufpralls wurde der kleine Lancia Ypsilon nicht nur völlig zerstört, sondern auch fast 100 Meter nach vorne geschleudert.
Den alarmierten Feuerwehrleuten und Rettungskräften bot sich ein Bild des Grauens. Dem Notarzt blieb nur mehr die traurige Aufgabe, den Tod der beiden Frauen festzustellen. Der 39-jährige Unfallverursacher hingegen überlebte den Aufprall mit mittelschweren Verletzungen. Er wurde von den Feuerwehrleuten mit schwerem Gerät aus dem Wrack befreit, vom Notarzt und den Rettungskräften erstversorgt und in eine psychiatrische Klinik eingeliefert.
Die zusammen mit den Rettungskräften am Unfallort eingetroffenen Beamten der Verkehrspolizei stellten auf dem Beifahrersitz der Lancia Musa ein Krankenhausarmband sicher. Der zuständige Mailänder Staatsanwalt Paolo Filippini, der die Ermittlungen leitet, eröffnete gegen den italienisch-marokkanischen Doppelstaatsbürger ein Verfahren wegen mehrfachen Mordes im Straßenverkehr.
Folgende Ermittlungen ergaben, dass der 39-Jährige, der in Pontenure bei Piacenza wohnt, aufgrund eines Tobsuchtsanfalls erst am Donnerstag ins Krankenhaus von Piacenza eingeliefert worden war. Vorgenommene Blutuntersuchungen ergaben zudem, dass der Mann zum Unfallzeitpunkt unter dem Einfluss von Cannabis und Benzodiazepinen gestanden hatte. Ob er die Benzodiazepine selbst zu sich genommen hatte, oder ob sie ihm verabreicht worden waren, ist derzeit noch unklar.
Paolo Filippini beauftragte die zuständige Dienststelle der Straßenpolizei von Novara damit, aus der Klinik von Piacenza die Krankenakte des 39-Jährigen zu beschaffen. Anhand der Krankenakten und der Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte wollen die Ermittler auch herausfinden, ob der Mann aus dem Krankenhaus entlassen worden war oder ob er die Klinik aus eigenen Stücken verlassen hatte. Von der Einvernahme der Ehefrau des 39-Jährigen erhoffen sich die Ermittler ebenfalls zusätzliche Erkenntnisse.
Ermittlungen der Straßenverkehrspolizei ergaben zudem, dass der 39-jährige Mann durch seine Fahrweise vorher über mehrere Kilometer hinweg die anderen Verkehrsteilnehmer in Angst und Schrecken versetzt hatte. Um einem Unfall mit der auf der Autobahn einen Zickzackkurs fahrenden Lancia Musa zu entgehen, hatten einige andere Lenker sogar ihr Fahrzeug angehalten. Um festzustellen, ob er in den Momenten vor dem tödlichen Unfall telefoniert oder Nachrichten verschickt hatte, wurde das Smartphone des 39-Jährigen beschlagnahmt.
Die Auswertung der Überwachungskameras der Autobahnmautstelle bestätigten den vermuteten Unfallhergang. Die Aufnahmen zeigen ein Auto, das mit hoher Geschwindigkeit geradeaus fährt, als ob der Fahrer die Mautstelle nicht gesehen hätte oder mit verbundenen Augen gefahren wäre. Im Video ist zu sehen, wie der Lancia Ypsilon der beiden Freundinnen mit geringer Geschwindigkeit in die Spur, in der sich der Ticketautomat befindet, einfährt. Wenige Augenblicke später fährt der Lancia Musa des 39-Jährigen ungebremst mit hoher Geschwindigkeit auf den Kleinwagen auf, wodurch der Lancia Ypsilon weit nach vorne geschleudert wird.
Unter Angehörigen, Freunden und Arbeitskollegen ist die Trauer um Laura Amato und Claudia Turconi groß. Nach dem schrecklichen Unfall, der den beiden Frauen das Leben kostete, sitzt aber in ganz Mailand der Schock tief. Zugleich stellen viele Mailänder bittere Fragen: Warum durfte der offensichtlich psychisch gestörte Unfallfahrer das Krankenhaus wieder verlassen? Warum wurden ihm nicht die beiden Führerscheine genommen und sein Auto beschlagnahmt?