Täterin zu vier Jahren Haft verurteilt

Angst vor Entlassung: Beruhigungsmittel in Kaffee der Kollegin geschüttet

Mittwoch, 14. Oktober 2020 | 07:04 Uhr

Bra – Eine Versicherungsfiliale in Bra – einer Kleinstadt in der Nähe von Cuneo im Piemont – war Schauplatz eines unglaublich perfiden Verbrechens.

Eine Frau, die Angst hatte, entlassen zu werden, griff zu einer bösen List. Um ihre „Rivalin“ für den verbliebenen Arbeitsplatz aus dem Weg zu räumen, schüttete sie ihr über ein ganzes Jahr hinweg Beruhigungsmittel in den Cappuccino. Mit der Zeit kam das Opfer, das schwer erkrankte und auch einen Autounfall erlitt, der Täterin auf die Schliche. Im Rahmen eines verkürzten Verfahrens wurde die Frau wegen schwerer Körperverletzung in erster Instanz zu vier Jahren Haft verurteilt.

stnews/ka

Der Leidensweg des Opfers begann im Jahr 2017, nachdem die Verantwortlichen einer großen Versicherungsagentur die personelle Verkleinerung der Filiale von Bra angekündigt hatten. Einer Frau wurde bald bewusst, dass im Zuge der personellen Rationalisierung zwischen ihr und ihrer Kollegin nur ein Arbeitsplatz übrig bleiben würde. Aus Angst vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes und um ihre „Konkurrentin“ auszustechen, ersann die Frau einen ganz besonders perfiden Plan.

Um diesen umzusetzen, machte sich die Täterin die morgendliche Kaffeepause zunutze. Da die Frau gewohnheitsmäßig die Aufgabe hatte, für alle Mitarbeiter der Filiale von der Bar gegenüber die Cappuccini abzuholen und in das Büro zu bringen, hatte sie die Gelegenheit, in den Cappuccino ihrer „Rivalin“ unbemerkt eine hohe Dosis eines Beruhigungsmittels zu schütten. Im Büro sorgte sie dann dafür, dass genau ihre Konkurrentin den „vergifteten“ Kaffee erhielt.

Reuters

Das starke Mittel verfehlte seine Wirkung nicht. Das Opfer begann an Schläfrigkeit, an einer Verlangsamung der Reflexe und an einer ganzen Reihe von anderen Symptomen zu leiden, die ihre Arbeitsleistung massiv beeinträchtigten. Aufgrund der Verschlechterung des Gesundheitszustandes war das Opfer sogar gezwungen, für längere Zeitperioden in den Krankenstand zu gehen. In dieser Zeit unterzog sich die Frau auch mehreren ärztlichen Visiten, die aber keine Ergebnisse brachten.

Das Opfer stellte aber fest, dass es ihr Zuhause besser ging und die Krankheitssymptome erst wieder auftraten, nachdem sie einen Vormittag im Büro verbracht hatte. Mit der Zeit fiel ihr Verdacht auf den Cappuccino. Als sie in das Büro zurückkehrte, beschloss sie, nicht mehr an der gewohnten morgendlichen Kaffeerunde im Büro teilzunehmen. Dies erzeugte bei ihrer „netten Kollegin“ auffallenden Missmut. Der böse Verdacht wurde zur traurigen Gewissheit, als das Opfer dem für sie bestimmten Cappuccino eine Probe entnahm und diese von einem Labor analysieren ließ. In der Tat enthielt ihr Kaffee eine hohe Dosis verschiedener Benzodiazepine, was mit der Verabreichung eines starken Beruhigungsmittels vereinbar ist.

APA/APA (dpa)/Ole Spata

Das Opfer begab sich zu den Carabinieri und erstattete Anzeige. Die Carabinieribeamten, die die Verdächtige beschatteten, bemerkten, dass die Täterin bevor sie das ganze Serviertablett mit den Kaffees in das Büro trug, einem der Cappuccini irgendeine Substanz zufügte. Bei einer dieser Gelegenheiten gelang es den Ermittlern, die Täterin dabei zu filmen. Laut den Ermittlungsergebnissen wurde das Opfer mit Unterbrechungen bis zum Sommer des Jahres 2018 nach und nach regelrecht vergiftet. Als die Carabinieri genug Beweise gesammelt hatten, wurde die Frau mit der Anschuldigung, ihre Bürokollegin vergiftet zu haben, festgenommen.

apa

Im folgenden Gerichtsverfahren wurde die Frau im Rahmen eines verkürzten Verfahrens wegen schwerer Körperverletzung in erster Instanz zu vier Jahren Haft verurteilt. Neben der erdrückenden Beweislast gab auch der Bericht der Sachverständigen, die zur Überzeugung gekommen waren, dass die Symptome des Opfers allein auf die Einnahme einer hohen Dosis von Benzodiazepinen zurückzuführen seien, den Ausschlag.

In seiner Urteilsbegründung erklärte der Richter, dass die Täterin im Lichte einiger Vorfälle sogar wegen versuchten Mordes hätte angeklagt werden können. In der Tat war das Opfer an einem Abend mit ihrem Pkw gegen einen Baum geprallt. Der Verdacht liegt nahe, dass der Unfall aufgrund der vom Beruhigungsmittel verursachten Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit geschehen war.

Letzten Endes war es für die Verurteilte ein Glück, dass es das Gericht „nur“ bei schwerer Körperverletzung beließ.

 

Von: ka