46 Fälle gemeldet: Volksfeste abgesagt und Desinfektionsmaßnahmen eingeleitet – VIDEO

Besorgniserregend: Chikungunya-Fieber erfasst Venetien

Montag, 15. September 2025 | 08:05 Uhr

Von: ka

Verona – In Venetien, insbesondere in Verona und Umgebung, herrscht Alarmstimmung. Im Laufe des letzten Monats wurden nicht weniger als 46 Fälle von Chikungunya-Fieber entdeckt. Aufgrund der Gefahr weiterer Krankheitsfälle sahen sich viele Gemeinden gezwungen, erste Volksfeste abzusagen, weitere stehen auf der Kippe.

Regione Emilia-Romagna

Um der Stechmückenplage Herr zu werden – die Tigermücke ist der Hauptüberträger des ursprünglich in den Tropen beheimateten Chikungunya-Virus – mussten in den am stärksten betroffenen Gebieten intensive Desinfektionsmaßnahmen eingeleitet werden. Diese gängige Vorgangsweise sorgt jedoch auch für Kritik. „Wir müssen aufhören, das Problem der Stechmücken erst im August zu verfolgen. Das Virus muss im Frühjahr bekämpft werden”, betont der bekannte Virologe Roberto Burioni.

Alles begann am 6. August mit dem ersten einheimischen Fall. Dieser wurde bei einer 64-jährigen Frau aus Arbizzano bei Verona vom IRCCS für Infektions- und Tropenkrankheiten „Sacro Cuore” in Negrar diagnostiziert. Nur einen Tag später kam die zweite Patientin hinzu, eine 39-jährige Frau aus Affi.

Wie die erste Patientin war auch sie nicht aus dem Ausland zurückgekehrt, sondern hatte sich in der Gegend von Verona infiziert. Seitdem ist die Zahl der Infektionen mit dem hauptsächlich von der Tigermücke übertragenen Chikungunya-Virus auf 46 gestiegen. Alle Infektionen sind autochthon und stammen aus der Provinz Verona. Der letzte Fall wurde am Samstag, dem 13. September, aus Isola della Scala gemeldet. Als Sicherheits- und Vorbeugemaßnahme wurde im Umkreis von 200 bis 300 Metern um die Wohnung der infizierten Person eine Desinfektion durchgeführt.

Facebook/Comune di Venezia

Nach dem Auftreten des tropischen Fiebers steht die traditionelle und mit Spannung erwartete „Fiera del Riso” (Reismesse) in Isola della Scala, die vom 19. September bis zum 12. Oktober geplant ist, auf der Kippe. Die Angst der Organisatoren ist nicht unbegründet, denn mittlerweile stellen alle Veranstaltungen, die Menschenmassen anziehen, eine konkrete Gefahr dar. Während das „Bierfest” in Parona und das Volksfest in Dossobuono abgesagt werden mussten, wurde am Freitag beschlossen, die 46. „Sagra del Ceo” in Chievo für zwei Tage zu unterbrechen. Die Veranstalter ersetzten die Schließung der Stände für Mittag- und Abendessen durch die Einrichtung eines Abhol- und Lieferservices. Dies erinnerte nicht wenige Veroneser an die Zeit der strengen Corona-Maßnahmen.

APA/APA/dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Trotz der Absagen schreitet die Chikungunya-Infektionswelle unvermindert voran. In den letzten Stunden haben sich die Ausbrüche von Domegliara, Sant’Ambrogio, San Pietro in Cariano, Pedemonte, Negrar und Parona auf die Stadtteile Chievo-Borgo Milano bis hin zu Santa Lucia ausgeweitet. Dort ordnete Bürgermeister Damiano Tomasi eine Desinfektion an.

Facebook/Comune di Venezia

Die Infektionswelle, die die Region Venetien und das Istituto Superiore di Sanità (ISS, Oberstes Gesundheitsinstitut in Rom) beunruhigt, stellt eine echte Epidemie dar, die nur von jener in Carpi in der Emilia-Romagna mit bisher 100 Fällen übertroffen wird. Um die Ansteckungen einzudämmen, hat die regionale Gesundheitspräventionsbehörde in Absprache mit dem ISS an Orten mit hohem Menschenaufkommen Desinfektionsmaßnahmen angeordnet. Zudem wurde die Bevölkerung aufgefordert, stehendes Wasser im Freien unbedingt zu vermeiden, damit die Maßnahmen gegen Mücken in öffentlichen Bereichen nicht durch Nachlässigkeit Einzelner zunichtegemacht werden. Zu den geforderten Maßnahmen gehört beispielsweise, die Untersetzer von Blumentöpfen und die Trinknäpfe von Haustieren zu leeren.

Viele von Mücken geplagte Veroneser fragen sich, warum Chikungunya nur in ihrer Gegend vorkommt. „Patient Null wurde nicht identifiziert und wird wahrscheinlich auch nicht identifiziert werden“, erklärt Prof. Federico Gobbi, wissenschaftlicher Direktor des IRCCS „Sacro Cuore“ in Negrar und Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten.

„Wir haben jedoch den Virusstamm sequenziert, der in allen bisher aufgetretenen Fällen mit dem in Madagaskar zirkulierenden Stamm übereinstimmt. Weitere Ausbrüche wurden in Frankreich und China gemeldet. In Venetien könnte Chikungunya von einem ausländischen Touristen eingeschleppt worden sein, der sich in Madagaskar von einer Tigermücke infiziert und das Virus dann auf Einwohner übertragen hat. Bedenken wir beispielsweise, dass Affi im Sommer eine der ersten Gemeinden Italiens war, in denen das Chikungunya-Fieber auftrat. Umgekehrt könnte der Patient Null ein Veroneser sein, der aus einem Risikoland zurückgekehrt ist. Ob die Infektion auf die Provinz Verona beschränkt bleibt, hängt wahrscheinlich vom Aktionsradius der Tigermücke – er beträgt nur 200 bis 300 Meter – und von der Halbwertszeit im Blut von 25 bis 30 Tagen ab“, fährt der Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten in Negrar fort.

Facebook/ULSS 9 Scaligera

Obwohl das Chikungunyafieber nicht von Mensch zu Mensch übertragen wird, werden nicht nur die Umgebung der Häuser der Infizierten, sondern auch stark frequentierte Orte und Gebiete in Gemeinden, die nicht in der Nähe der Infektionsherde liegen, desinfiziert. „Es gibt einen Grund dafür: Um eine frühzeitige Diagnose zu erhalten, muss sich eine Person, die Fieber über 38 Grad ohne Atemwegssymptome hat, sofort an ihren Arzt oder eine Gesundheitseinrichtung wenden. Bei einem positiven Befund muss sie sich mindestens fünf Tage lang isolieren, da sie sonst Gefahr läuft, erneut von der Tigermücke gestochen zu werden. Denn die Mücke kann sich mit dem Virus infizieren und es wiederum auf andere Personen übertragen. Die Ansteckungen können eingedämmt werden, wenn die Bevölkerung dieses Verfahren befolgt, Behälter mit stehendem Wasser in ihren Gärten beseitigt und diese gegebenenfalls desinfiziert“, betont Prof. Federico Gobbi.

IRCCS Ospedale Sacro Cuore Don Calabria/Prof. Federico Gobbi

Die Gefahr besteht jedoch so lange fort, wie es Mücken gibt, also mindestens bis Ende September. Der einzige Trost ist, dass die Sterblichkeitsrate der Viruserkrankung gering ist.

Tatsächlich sind schwere Krankheitsverläufe selten. In der Regel geht das Chikungunya-Fieber mit Fieber, Gelenkschmerzen, Erschöpfung und manchmal mit Hautausschlag einher. Normalerweise klingt die Erkrankung nach ein bis zwei Wochen von selbst wieder ab, ohne dass Schäden zurückbleiben. Auch asymptomatische Verläufe, bei denen die Infizierten keinerlei Beschwerden bemerken, sind möglich.

APA/APA (dpa)/Andreas Lander

Die fast panikartigen Absagen der beliebten Volksfeste sowie die Desinfektionsmaßnahmen sorgen jedoch auch für Kritik in der betroffenen Bevölkerung. Virologen und Epidemiologen bemängeln hingegen, dass die Tigermückenplage erst bekämpft wird, nachdem Infektionsfälle aufgetreten sind. „Wir müssen aufhören, das Problem der Stechmücken erst im August zu verfolgen. Das Virus muss im Frühjahr bekämpft werden”, betont der bekannte Virologe Roberto Burioni. Er fordert, diese bisher gängige Vorgangsweise durch strenge Präventionsmaßnahmen zu ersetzen.

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