Von: ka
Rom – Eine Umfrage, die mit dem Ziel durchgeführt wurde, die Ursachen der dramatischen Umsatzeinbrüche der italienischen Bars und Restaurants zu ergründen, brachte teils überraschende Ergebnisse.
Entgegen der Annahme, dass der Hauptgrund für das Fernbleiben der Italiener von den Lokalen vor allem ihre leeren Geldbeutel seien, ergab die im Auftrag der Vereinigung der Kaufleute und Lokalinhaber „Fipe-Confcommercio“ erarbeitete Untersuchung, dass es vielmehr die Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus sei, die die Italiener von den Bars, Pizzerien und Restaurants fernhält.
Bis zum Ausbruch der Coronapandemie liebten es die Italiener, Bars, Restaurants und Pizzerien zu besuchen. Im Stiefelstaat war es für viele allgemeine Gewohnheit, bereits den Tag mit einem Croissant und einem Cappuccino in der Lieblingsbar beginnen zu lassen. Mittags und besonders abends gehörten volle Restaurants und Pizzerien ohnehin zum gewohnten Bild italienischen Lebens.
Der Lockdown, in dessen Zuge alle Lokale schließen mussten, machte diesem „Lebensstil“ abrupt ein Ende. Wer glaubte, dass sich dies mit dem Ende der Corona-Einschränkungen ändern würde, wurde eines Besseren belehrt. Anstatt zu den alten Gewohnheiten zurückzukehren, fuhren die Italiener fort, die Lokale zu meiden. Laut der Umfrage haben 72 Prozent der Befragten seit dem Ende des Lockdowns kein Frühstück in einer Bar mehr genossen. 67,9 Prozent sind hingegen nicht mehr zu Mittag und 69,4 nicht mehr zu Abend auswärts essen gegangen.
Die Frage nach den Gründen, warum mehr als zwei Drittel der Italiener einen großen Bogen um die Lokale machen, brachte eine Überraschung. Entgegen der Annahme, dass der Hauptgrund für das Fernbleiben der Italiener von den Lokalen vor allem ihre leeren Geldbeutel seien, ergab die im Auftrag der Vereinigung der Kaufleute und Lokalinhaber „Fipe-Confcommercio“ erarbeitete Untersuchung, dass es vielmehr die Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus sei, die die Italiener von den Bars, Pizzerien und Restaurants fernhält.
66,5 Prozent der interviewten Italiener gaben unumwunden zu, dass es vor allem die Angst vor einer Ansteckung sei, die sie Lokale meiden lässt. Ein nicht kleiner Prozentsatz – 41,5 Prozent – fühlt sich hingegen laut der Umfrage von den verschiedenen Corona-Sicherheitsmaßnahmen und -Hygienevorschriften gestört, die ihrer Meinung nach den Genuss des Essens und die Atmosphäre im Lokal spürbar beeinträchtigen würden.
Der Mangel an verfügbarem Geld scheint hingegen nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. Oder spielt es vielleicht eine Rolle, dass auch im Rahmen einer anonymen Befragung die Interviewten nicht dazu bereit sind, zuzugeben, dass infolge herber Einkommensverluste Lokalbesuche massiv zusammengestrichen werden mussten?
Auch die weite Verbreitung von Smart Working und Homeoffice sind für die Krise der Lokale verantwortlich. Mit dem Arbeiten, ohne die eigenen vier Wände zu verlassen, fallen für die allermeisten Angestellten die Gelegenheiten für ein Frühstück in der Bar, für die Kaffeepause mit Kollegen und für das Mittagessen in einem nahen Restaurant automatisch weg. In den Tourismusorten hingegen brechen den Lokalen aufgrund des Ausbleibens vieler ausländischer Urlauber die Umsätze weg.
Von denjenigen, die trotzdem ein Lokal aufsuchen, achtet der größte Teil – 47,4 Prozent – penibel auf die hygienischen und gesundheitlichen Sicherheitsmaßnahmen. Während 35,2 Prozent der Befragten großen Wert auf eine angemessene Distanz zwischen den Tischen legen, geben 34 Prozent Lokalen, die über Tische im Freiem verfügen, den Vorzug. In jedem Fall sind mit 92,2 Prozent fast alle Interviewten der Meinung, dass die Corona-Sicherheits- und -Hygienemaßnahmen von den Lokalinhabern korrekt angewendet werden.
Ganz gleich, ob es die Familienangehörigen oder die Freunde sind, stehen für 45,5 Prozent der befragten Italiener die Geselligkeit und das gemeinsam erlebte Speisen im Mittelpunkt. 29,1 Prozent der Interviewten freuen sich in erster Linie über die zurückgewonnene Freiheit.
„Die Zahlen zeigen uns das Bild eines stark leidenden Wirtschaftssektors“, so das traurige Fazit des Präsidenten der Vereinigung der Kaufleute und Lokalinhaber „Fipe-Confcommercio“, Lino Enrico Stoppani. Die „Fipe-Confcommercio“ fordert die Regierung auf, umgehend Maßnahmen zur Ankurbelung des Lokalbesuchs zu ergreifen.
Im Vordergrund aber steht die große Frage, ob und wie die Italiener – sofern ihnen noch genug Einkommen dafür geblieben ist – wieder in die Bars, Restaurants und Pizzerien zurückgelockt werden kennen.
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