Ihr Vater wurde verletzt – VIDEO

Angst vor dem Coronavirus: Gewaltausbruch vor Bereitschaftsärztin

Freitag, 06. März 2020 | 08:42 Uhr

Polizzi Generosa – Die Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus führt in einigen, zum Glück nur sehr wenigen Fällen leider auch zu unvorhersehbaren und unkontrollierbaren Gewaltausbrüchen. Ein Schauplatz eines solchen war das Ambulatorium des ärztlichen Bereitschaftsdienstes von Polizzi Generosa auf Sizilien. Nachdem sie einen Mann, dessen Frau kaum Symptome einer Ansteckung zeigte, telefonisch beraten hatte, brannten bei ihm alle Sicherungen durch. Wutentbrannt suchte er die diensthabende Ärztin in ihrem Ambulatorium auf und griff sie und ihren Vater an.

Der traurige und sehr nachdenklich stimmende, erst am Donnerstag bekannt gewordene Vorfall ereignete sich am vergangenen 26. Februar. Während ihres Turnusdienstes nahm die junge Ärztin E.C. den Anruf eines Mannes entgegen, der um seine Frau zutiefst besorgt war. Mit großer Eindringlichkeit verlangte er von der Ärztin, seine Ehefrau anlässlich eines Hausbesuchs einer Visite zu unterziehen. Aber schon die ersten Fragen und Antworten offenbarten, dass die Symptome der Frau – sie hatte nur einen leichten Schüttelfrost und kein Fieber – nicht ausreichten, das Ambulatorium des ärztlichen Bereitschaftsdienstes unbesetzt zu lassen. Wie von den vom römischen Gesundheitsministerium erlassenen Richtlinien vorgesehen, begann E.C. mit einer „telefonischen Triage“. Deren Sinn besteht darin, eine mögliche Infektion mit dem Coronavirus auszuschließen.

An diesem Punkt – so E.C. – brannten dem Mann alle Sicherungen durch. Er begann die Bereitschaftsärztin, zu beschimpfen und drohte ihr mit „großem Ärger“, falls sie nicht für einer Visite bei ihm Zuhause erscheinen würde. Trotz der wüsten Drohungen und Beschimpfungen bot E.C. dem Mann an, seine Frau zu ihr ins Ambulatorium zu bringen. Wenige Minuten nachdem er aufgelegt hatte, suchte der sichtlich aggressive Mann das Ambulatorium auf. Er schrie die Ärztin und ihren Vater an und schlug mit der Faust auf den Schreibtisch. Der Vater hatte seine Tochter begleitet, die während des Turnusdienstes Angst vor dem Alleinsein hatte. Als er aus dem Warteraum des Ambulatoriums kam und dazwischengehen wollte, stieß ihn der Mann laut E.C. zu Boden. Diesen Moment nutzte die Ärztin, um aus dem Ambulatorium auf die Straße zu fliehen und laut um Hilfe zu rufen. Sofort eilten mehrere Passanten der Ärztin zu Hilfe. Gleichzeitig verständigte die Ärztin über die Notrufnummer 112 die Ordnungskräfte. Noch vor deren Eintreffen suchte der gewalttätige Mann das Weite.

Während die Ärztin „nur“ mit einem Schrecken davonkam, hatte ihr Vater weniger Glück. Vom Angriff trug der ältere Mann zwei gebrochene Rippen davon. Aus Angst vor weiteren Angriffen sah sich die junge Ärztin gezwungen, einstweilig ihren Dienst im Ambulatorium von Polizzi Generosa einzustellen und diese Aufgabe ihren Kollegen zu überlassen.

In einer Stellungnahme forderte die Frau dazu auf, die Mediziner, die in den Ambulatorien des Bereitschaftsdienstes oft alleine ihren Dienst versehen müssen, besser zu schützen und zu diesem Zweck Wachpersonal abzustellen. „Für Ärzte – unter ihnen besonders für die Frauen – ist es unmöglich, sich alleine vor einem Gewaltausbruch zu schützen. Es gibt Patienten, die absurde Dinge verlangen. Während der Ausübung unseres Berufes tragen wir Risiken, die wir nicht in Kauf nehmen sollten“, so E.C. nach dem Angriff.

Die Ärztin dankte den Menschen von Polizzi Generosa – darunter besonders dem Bürgermeister – für die Hilfe und menschliche Nähe. Sie teilte aber im gleichen Atemzug mit, dass die Angst weiterhin bestehen bleibe. Auch die Ärztekammer von Palermo verurteilte den Angriff auf die Ärztin und ihren Vater. Die Ärztekammer kündigte an, dass sie sich dem Prozess gegen den Gewalttäter als Zivilpartei anschließen wird. Letztendlich zeigt der Ausbruch von Gewalt aber vor allem, wie blank anlässlich der Coronavirusepidemie die Nerven bei einigen Menschen liegen.

Von: ka