Umstrittenes Gerichtsurteil sorgt für heiße Diskussionen

“Der Römische Gruß stellt keine Straftat dar”

Samstag, 09. November 2019 | 08:00 Uhr

Imperia – Ein umstrittenes Urteil, nach dem der „Römische Gruß keine Straftat darstellt“ sorgt in Italien für heiße Diskussionen.

Ein Gericht von Imperia sprach zwei militante Mitglieder der neofaschistischen Organisation „Forza Nuova“, die während einer Zeremonie, an der den Toten der faschistischen Repubblica di Salò gedacht worden war, den rechten Arm zum Römischen Gruß erhoben hatten, von der Anklage der Verherrlichung des Faschismus frei. Dem Richterspruch zufolge stellt der Römische Gruß, sofern er bei einer Gedenkveranstaltung getätigt wird und keinen gewalttätigen Zweck verfolgt, keine Straftat dar.

ANSA/NICOLA MARFISI

Die Einzelrichterin des Gerichts von Imperia, Sonia Anerdi, fällte ein Urteil, das nicht nur in Italien, sondern gerade auch in Südtirol für erhebliche Diskussionen sorgen dürfte. In ihrem Urteil sprach Sonia Anerdi zwei militante Mitglieder der neofaschistischen Organisation „Forza Nuova“, Manuela Leotta und Eugenio Ortiz, von der Anklage, den Faschismus verherrlicht zu haben, frei. Die beiden Neofaschisten hatten am 26. April 2015 auf dem Friedhof von Sanremo während einer Gedenkzeremonie, die den Gefallenen der faschistischen Repubblica di Salò gewidmet worden war, den rechten Arm zum Römischen Gruß erhoben und in unter Faschisten üblicher Manier laut „Presente“(Anwesend, Anmerkung der Redaktion) gerufen.

In der Folge waren Manuela Leotta und Eugenio Ortiz wegen Verherrlichung des Faschismus angeklagt worden. Noch im Gerichtsverfahren waren vom Staatsanwalt für beide Angeklagten ein Strafmaß von drei Monaten Haft und eine Geldbuße von 300 Euro gefordert worden. Das Gericht war aber anderer Ansicht. In ihrem Urteil folgte Richterin Sonia Anerdi gängiger Rechtsprechung des römischen Kassationsgerichtshofs.

Zwar hatte das römische Höchstgericht erst im Mai das Urteil gegen einen Rechtsanwalt, der während einer Sitzung im Gemeinderat von Mailand den Römischen Gruß gezeigt und laut „Presenti e ne siamo fieri“(Wir sind anwesend und stolz darauf, Anmerkung der Redaktion) gerufen hatte, bestätigt, aber nur wenige Monate vorher zwei Neofaschisten von der Anklage der Verherrlichung des Faschismus freigesprochen.

In letzterem Fall hatte das Höchstgericht das Urteil gegen zwei Demonstranten der neofaschistischen Bewegung CasaPound, die im Jahr 2014 anlässlich einer Gedenkveranstaltung in Mailand den rechten Arm zum Römischen Gruß erhoben hatten, kassiert. Die Höchstrichter hatten geurteilt, dass der Römische Gruß keine Straftat darstellt, sofern er nur dem Zweck des Gedenkens dient und keine gewalttätigen Absichten verfolgt. In diesem Sinne – so das Höchstgericht – kann er als „freie Meinungsäußerung“ angesehen und nicht als Anschlag auf die demokratische Rechtsordnung aufgefasst werden. Die Richterin von Imperia schloss sich in ihrem Urteil diesem Urteilsspruch des Höchstgerichts an.

Dass die gleiche Geste – immer der Römische Gruß – einmal als Verherrlichung des Faschismus und das andere Mal als „freie Meinungsäußerung“ auf einer Gedenkveranstaltung gewertet wird, stößt nicht nur auf Zustimmung. Viele – darunter so gut wie alle Antifaschisten – sind der Meinung, dass der Römische Gruß, wo auch immer er gezeigt wird, immer den Tatbestand der Verherrlichung des Faschismus erfüllt und in jedem Fall einen Anschlag auf die demokratische Rechtsordnung darstellt.

Und was meinen unsere Leserinnen und Leser?

 

 

Von: ka