Einzigartige Verwilderung von Rindviechern in Europa – VIDEO

Die „freien und rebellischen Kühe“ von Ligurien

Samstag, 17. Juni 2017 | 08:15 Uhr

Mele/Masone/Ligurien – Während in Südtirol immer mehr Wildschweine – SüdtirolNews berichtete – ihr Unwesen und Sorgenfalten in die Gesichter der Bauern treiben, erfreut sich eine frei lebende, halbwilde Kuhherde in Ligurien der Sympathie vieler Menschen. Im Gegensatz zu den heimischen Wildschweinen, die im wahrsten Sinne des Wortes Wildtiere sind, handelt es sich bei den „wilden Kühen“ eigentlich um domestizierte Tiere, die aufgrund von besonderen Umständen verwildert sind.

Twitter/vaccheribelli

Allerdings ist es leichter, dass man ein Wildschwein in Südtirol zu Gesicht bekommt, als eine der sogenannten „rebellischen Kühe“. Die Tiere sind unglaublich scheu und ziehen sich aus Angst vor Wilderern und Jägern untertags in die dichten Wälder der steilen ligurischen Bergtäler zurück. Erst nachts wagen sie sich aus dem Wald und suchen auf Lichtungen nach Essbarem. Dank mehrerer Fotofallen und geduldiger Warterei gelang es aber einer Gruppe von Tierfreunden, die wilden Kühe mit der Kamera einzufangen.

Die Geschichte der „wilden Rindviecher“ begann Mitte der 90-er Jahre, als im Rahmen eines europäischen Projekts zur Waldbrandverhütung ungefähr 70 Kühe in das waldige ligurische Hinterland gebracht wurden. Laut dem Projekt sollten die Tiere in den Wäldern äsen und so den Waldboden sauber halten. Mit der Zeit aber versandete der ursprüngliche Plan. Die ausgesetzten Kühe hingegen fanden immer mehr Gefallen an ihrer neuen Freiheit und begannen langsam zu verwildern. In der Zwischenzeit wurde die „Führung“ der Kühe der Gemeinde von Mele übertragen. Die Gemeinde aber war arm und hatte nicht die Mittel die Kosten der Bewirtschaftung der Herde zu stemmen.

Twitter/vaccheribelli

Zuletzt kümmerte sich niemand mehr um die Kühe, die nun endgültig auf sich allein gestellt waren. Aber sie kamen gut zurecht damit und brauchten als „Wildtiere“ keine Menschen mehr. Im Jahr 2011 wurde eine Anordnung verfügt, die „wilden Kühe“ einzufangen oder abzuschießen. Allerdings wurde schnell klar, dass das sehr schwierig sein würde. Die Tiere sind sehr scheu und ziehen sich beim ersten Geräusch zurück. Eine Bejagung würde die Tiere auch aggressiv und gefährlich machen. Die Tierfreunde, die sich in dieser Facebook-Gruppe zusammengeschlossen hatten, konnten mindestens sechs Kühe identifizieren, aber laut den Experten, die von den Tierliebhabern interviewt wurden, sind die „wilden Kühe“ viel zahlreicher. Zudem sollen sich unter die Kühe auch ein paar Stiere mischen.

Obwohl den „wilden Kühen“ sonst viele Herzen entgegen fliegen, so sind sie bei der lokalen Bevölkerung nicht nur beliebt. Im Winter, wenn es in den Wäldern wenig zu essen gibt, suchen die Tiere gerne die Nähe der menschlichen Siedlungen. Dabei rennen die nicht selten 500 Kilogramm schweren Kühe Zäune um und dringen in Gärten ein, wobei sie großen Schaden anrichten können. Da die Tiere rechtlich nicht als Wildtiere gelten, haben die Geschädigten auch kein Anrecht auf Ausgleichszahlungen. Somit ist es auch zu einigen Fällen von Wilderei gekommen.

 

Andere Einheimische hingegen haben die Viecher lieb gewonnen und sehen in den Kühen ein Symbol der Freiheit. Einige erkennen auch die Möglichkeit, die Kühe für den Naturtourismus zu nutzen.

Und was meinen unsere Leser. Sind die „wilden Kühe“ ein Problem oder eine Chance?

Von: ka