Beschleunigung der Impfkampagne gefordert

„Die nächsten Monate werden eine Kraftprobe zwischen uns und dem Virus“

Montag, 11. Januar 2021 | 08:05 Uhr

Mailand – Der angesehene Virologe und Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten des Krankenhauses „Sacco“ von Mailand, Professor Massimo Galli, meint, dass im Kampf gegen das Coronavirus die nächsten beiden Monate entscheidend seien. Um bis Ostern eine möglichst hohe Anzahl von Immunisierten zu erreichen und auf diese Weise der Verbreitung von SARS-CoV-2 so viele Hindernisse wie möglich in den Weg zu legen, fordert Massimo Galli eine Beschleunigung der Impfkampagne. Anhaltend hohe Corona-Zahlen und neue, aggressivere und ansteckendere Varianten werden aber die nächsten Monate das Ringen mit dem Virus erschweren.

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Während die wieder ansteigende Kurve der Neuansteckungen und die Entdeckungen neuer Varianten des Coronavirus für Unsicherheit sorgen, stimmt die langsam Fahrt aufnehmende Impfkampagne hoffnungsvoll. Um die Ausbreitung des Virus einzubremsen, schlägt der Virologe und Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten des Krankenhauses „Sacco“ von Mailand, Professor Massimo Galli, vor, die Impfkampagne zu beschleunigen.

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„Wenn wir idealerweise bis Ostern einen großen Teil der Bevölkerung geimpft hätten, würden wir wahrscheinlich eine geringere Verbreitung des Virus beobachten. In den von der ersten Welle am stärksten betroffenen Gebieten wie Lodi und Bergamo hat der Prozentsatz der Geheilten zwischen 20 und 40 Prozent betragen. Dies hat die Härte der zweiten Welle gelindert und verglichen mit anderen Gebieten die Anzahl der Infektionen verringert. Die Impfungen könnten den gleichen Effekt erzielen. Um die Impfkampagne zu beschleunigen, könnte man daran denken, mehrere Wochen hauptsächlich den Impfungen zu widmen und andere Tätigkeiten möglichst weit herunterzufahren. Damit erhielte man das Ergebnis, die Verbreitung des Virus zu verlangsamen und gleichzeitig den Prozentsatz der Immunisierten zu erhöhen. Aber natürlich hängt alles von der Verfügbarkeit der Impfdosen ab“, so Massimo Galli gegenüber dem „Corriere della Sera“.

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Allerdings führen die „englische“ und die „südafrikanische“ SARS-CoV-2-Variante in vielen Ländern Europas zu einer Erhöhung der Corona-Zahlen. Neben der englischen Variante „B.1.1.7“ gilt insbesondere die südafrikanische Variante „501.V2“ unter den Experten als aggressiver und ansteckender als der bisher bekannte Coronavirus. Bedenken, dass die Impfstoffe gegenüber den neuen Varianten an Wirksamkeit einbüßen könnten, werden von führenden Virologen aber verneint.

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„Weil sich die Immunantwort nicht nur gegen einzelne Teile des Spike-Proteins, sondern gegen die ganze Proteinstruktur richtet, sind die Impfstoffe mit hoher Wahrscheinlichkeit auch gegen die neuen Virusvarianten wirksam. Zudem sind Impfstoffe, die auf Boten-RNA basieren, leicht veränderbar. Bis zum Sommer werden wir über die Wirksamkeit der Impfstoffe viele, die ganze Bevölkerung umfassende Daten verfügen. Wenn sie positiv ausfallen werden, werden wir uns auf die Strategien für einen Ausstieg aus der Pandemie konzentrieren können“, so die Epidemiologin Stefania Salmaso.

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„Die nächsten beiden Monate werden eine Kraftprobe zwischen uns und dem Virus sein. Bis die Impfungen zwischen ihm und den gefährdeten Personen eine Barriere schaffen, müssen wir alles daran setzen, seine Ausbreitung zu begrenzen“, so Massimo Galli.

Um trotz der steigenden Corona-Zahlen gut durch die nächsten Wochen zu kommen, müsse laut Ansicht des angesehenen Virologen ein Gleichgewicht zwischen gezielten und lange genug andauernden Einschränkungen und einzelnen Lockerungen gefunden werden. Im Gegensatz zu einigen seiner Kollegen lehnt Massimo Galli aber einen erneuten, für ganz Italien geltenden Lockdown ab.

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Ob der Spagat zwischen Beschleunigung der Impfkampagne und Hemmung der Ausbreitung des Virus durch Corona-Maßnahmen gelingen kann, steht in den Sternen.

Von: ka