Von: idr
Pavia – Es klingt wie Science-Fiction: Forschern in Pavia ist es gelungen, winzige Herzen aus Stammzellen zu züchten. Ihr Ziel ist es, genetische Herzerkrankungen besser verstehen und behandeln zu können. Möglich wird das durch sogenannte „induzierte pluripotente Stammzellen“ (kurz „iPSC“), die aus Haut- oder Blutzellen gewonnen und in Herzzellen umprogrammiert werden.
Keine Probeentnahme aus dem Herz
Die Leitung des Projekts liegt bei Professor Massimiliano Gnecchi, Kardiologe an der Universität Pavia. Er beschreibt die erzeugten Herzen als Organoide – dreidimensionale Zellstrukturen, die in Funktion und Aufbau echten Herzen ähneln. Der Vorteil dieser Technik ist offensichtlich: Zur Entnahme von Proben ist kein Eingriff aus dem Organ selbst notwendig. Das erleichtert und beschleunigt die Diagnose von möglichen Herzkrankheiten immens.
Vor allem für seltene und genetisch bedingte Herzkrankheiten bietet der Ansatz völlig neue Möglichkeiten. So untersuchte das Team in Pavia etwa eine Familie, deren Mitglieder dieselbe genetische Mutation aufwiesen. Bei einigen führte sie zu lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen, bei anderen nicht. Die Entdeckung einer genetischer Schutzvariante einiger Familienmitglieder konnte in einer Studie mit über 1.000 Patienten angewandt werden und führte zu vielversprechenden Ergebnissen.
Medikamententests einfacher möglich
Doch die Mini-Herzen dienen nicht nur der Diagnose. Die Forscher testeten auch gezielt Medikamente und entdeckten einen bereits bekannten Wirkstoff mit neuem therapeutischen Potenzial gegen gefährliche Herzrhythmusstörungen. Während Länder wie die USA bereits auf solche translationalen Forschungszentren setzen, sind sie in Italien bislang noch selten. Professor Gnecchi sieht hier Nachholbedarf.
Das Team in Pavia zeigt eindrucksvoll, wie eng Grundlagenforschung und klinische Anwendung zusammenrücken können. Das Verfahren ist eine neue Hoffnung für Tausende Patienten und ein echter Durchbruch für das Feld. Die Mini-Herzen aus dem Labor könnten damit zum Schlüssel einer personalisierten Kardiologie der Zukunft werden und vielleicht in der Zukunft sogar Ersatzorgane produzieren.
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