Von: mk
Rom – Eine Meldung hat in Italien am gestrigen Freitag besonders für Furore gesorgt. Mehrere Medien hatten berichtet, das Coronavirus würde frei in der Luft zirkulieren. Das Oberste Institut für Gesundheit hat die Nachricht noch am selben Tag dementiert. Derzeit gebe es keine Hinweise darauf, dass das Virus in der Lage sei, größere Entfernungen in der Luft zu überwinden.
Medien hatten darüber spekuliert, dass das Virus auch aus größerer Distanz von einem Mensch zum nächsten übertragen werden könnte. Der Präsident des Obersten Instituts für Gesundheit (ISS), Silvio Brusaferro, hat die Nachricht zurückgewiesen. Eine Ansteckung bei einer infizierten Person sei demnach nur im Umkreis von rund einem Meter möglich.
Im Rahmen einer Pressekonferenz erklärte der Direktor der Abteilung für Infektionskrankheiten am ISS, Gianni Rezza, dass eine Ansteckung über weitere Entfernungen nur in bestimmten Umfeldern bekannt sei, wie etwa in Krankenhäusern. „Im Moment geht die Wissenschaft allerdings von einer hauptsächlichen Übertragung durch Tröpfcheninfektion und Kontakt aus“, betonte Rezza.
Zirkulation in der Luft im Freien ausgeschlossen
Im Freien ist es demnach äußerst unwahrscheinlich, dass das Coronavirus in der Luft zirkuliert. „Die Menschen haben Angst, dass auf der Straße oder auf dem Balkon eine Übertragung des Virus stattfinden könnte“, erklärte Rezza. Doch außerhalb von geschlossenen Räumen könne diese Hypothese ausgeschlossen werden.
Rezza verwies außerdem auf erste positive Signale. Die Infektionskurve in den Gebieten, die am stärksten betroffen sind, sei abgeflacht. Trotzdem mahnte er zur Vorsicht und warnte vor der Gefahr einer zweiten Ansteckungswelle.
Horrorszenario Durchseuchung
Rezza spielte im Rahmen der Pressekonferenz auch ein anderes Szenario durch. Hätte man in Italien eine sukzessive Durchseuchung wie in Schweden toleriert, wäre die Epidemie laut Rezza in sechs Monaten vorbei – allerdings mit katastrophalen Folgen. Die Zahl der Toten und der Verletzten würde rapide in die Höhe schnellen, die Krankenhäuser wären überlastet und auf Intensivstationen müsste man bittere Entscheidungen treffen, wer behandelt wird, und wer nicht. Auch England hat versucht, Herdenimmunität zu erreichen, ist dann aber von dem Weg abgerückt.
„Wir haben deshalb versucht, die Infektionsrate niedrig zu halten, und die Daten scheinen zu bestätigen, dass die rigorosen Maßnahmen der sozialen Distanzierung zur Eindämmung des Virus Wirkung zeigen“, betonte Rezza.
Süditaliener „nicht genetisch widerstandsfähiger“
Rezza blickte auch nach Süditalien und äußerte „vorsichtigen Optimismus“. Gleichzeitig räumte er mit mehreren Mythen auf. Dass der Süden Italiens derzeit noch relativ verschont geblieben ist, liegt laut Rezza weder an einer genetisch bedingten Widerstandsfähigkeit noch an den höheren Temperaturen. Stattdessen liefert er eine Erklärung, die naheliegender ist: „Die soziale Distanzierung, die auf nationaler Ebene verordnet wurde, bewirkte, dass die Infektionsrate, wo sie relativ niedrig war, auch niedrig blieb.“ Und er ist überzeugt: Wäre man zu nachgiebig geblieben, gebe es in Italien heute viele Orte wie Codogno.