Covid-19-Strandräumung artet in Gewalt aus

Fußtritte und Fausthiebe: Reporterin am Strand von Frauen angegriffen

Montag, 17. August 2020 | 08:02 Uhr

Palermo – Eine Reporterin, die eine im Rahmen der Durchsetzung der Covid-19-Einschränkungen vorgenommene Räumung eines Strandes gefilmt hat, ist von Dutzenden von Frauen angegriffen und verprügelt worden. Die wütenden Strandgäste gingen auf die Journalistin und ihre Freundin, die ihr zu Hilfe geeilt war, mit Fußtritten und Fausthieben los. Vermutlich nur dank der Carabinieri, die auf dem Strand Kontrollen durchführten und dabei selbst angegriffen wurden, konnte Schlimmeres verhindert werden.

ANSA / IGOR PETYX

Während in den Strandbädern die Covid-19-Bestimmungen in der Regel eingehalten und notfalls auch von den Bademeistern durchgesetzt werden, herrscht auf den frei zugänglichen Stränden aufgrund des besonders im Hochsommer zu beobachtenden, großen Andrangs eine Art „Covid-19-Anarchie“. Trotz der nie ganz verklungenen Corona-Gefahr und trotz der nunmehr auch in Italien wieder ansteigenden Zahlen von Neuansteckungen mit SARS-CoV-2 werden auf den überfüllten, freien Stränden weder die Abstandsregeln noch die Maskenpflicht eingehalten. Dies führt dazu, dass um den Hochunserfrauentag – in Italien Ferragosto genannt – die Strandbilder denen vergangener Jahre gleichen.

Facebook/IL MARE DI SFERRACAVALLO

Das ist auf den freien Stränden in der Umgebung von Palermo nicht anders. Dort pflegen um Ferragosto mitunter sogar ganze Familien, auf dem Strand zu kampieren. Sie errichten auf den Stränden wahre „Zeltstädte“ und verbringen ununterbrochen mehrere Tage oder gar Wochen am Meer. Es ist in diesem Zusammenhang unnötig, hinzuzufügen, dass diese Art von Strandgästen selbst die mildesten Corona-Regeln in den Wind schlägt.

Auch im Covid-19-Sommer scherten sie sich nicht um die Hinweisschilder, die das Kampieren auf dem Strand verbieten, und stellten fleißig ihre Zelte auf. „Wir sind jeden Ferragosto hier. Den Coronavirus gibt es hier nicht“, so unisono das Motto dieser illegalen Strandgäste. Der Bürgermeister von Palermo und die Behörden sind aber gewillt, die Covid-19-Einschränkungen auch auf den freien Stränden durchzusetzen. Zu Ferragosto wurden die Carabinieri, die Stadtpolizei von Palermo und die Polizei ausgeschickt, um am Meer nach dem Rechten zu sehen und die Zeltstädte notfalls aufzulösen.

Facebook/IL MARE DI SFERRACAVALLO

Eine Reporterin, die die Ordnungskräfte bei ihren Kontrollen auf den freien Stränden filmen wollte, begleitete die Beamten. Dies erwies sich aber als keine gute Idee.

Bald nach dem Beginn der Dreharbeiten wurde die Journalistin von einer großen Gruppe wütender Frauen umringt. Sie wurde zuerst beschimpft und dann angegriffen. Während die Männer teilnahmslos abseits standen, rissen die Frauen die Reporterin zu Boden und gingen mit Fußtritten und Fausthieben auf sie los. Auch ihre Freundin, die im Auto auf sie gewartet hatte und ihr zu Hilfe geeilt war, wurde gleich wie die Journalistin mit mehreren Ohrfeigen, Fußtritten und Schlägen ins Gesicht bedacht. Vermutlich nur dank der Carabinieri, die selbst Angriffen ausgesetzt waren, konnte Schlimmeres verhindert werden. Die Beamten brachten die beiden verletzten Frauen in ihrem Dienstfahrzeug in Sicherheit.

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Die Reporterin und ihre Freundin waren gezwungen, ein Krankenhaus aufzusuchen. Dort wurden bei ihnen verschiedene, von den Tritten und Schlägen herrührende Verletzungen wie Prellungen, Blutergüsse und Abschürfungen festgestellt. Zudem klagte die Reporterin über starke Schmerzen im Brustkorbbereich.

Ob die von den beiden Frauen gestellte Anzeige etwas bewirken wird und ob die Angreiferinnen ausfindig gemacht werden können, steht in den Sternen. Der Vorfall zeigt aber mit Sicherheit, wie schwer mitunter Corona-Maßnahmen durchzusetzen sind, wie scharf in Italien die Corona-Debatte geführt wird und wie tief gespalten die Italiener in der Corona-Frage sind.

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Von: ka