Ein See am Limit

Gardasee soll Persönlichkeitsrechte erhalten

Mittwoch, 08. Oktober 2025 | 08:05 Uhr

Von: idr

Brescia – Eine Bürgerbewegung am Gardasee verfolgt ein ambitioniertes Ziel: Der größte See Italiens soll zur juristischen Person erklärt werden und damit eigene Rechte erhalten. Was zunächst absurd klingt, hat weltweit bereits Schule gemacht – und könnte dem bedrohten Ökosystem neue Schutzmöglichkeiten eröffnen.

Die „Föderation zur Anerkennung der Rechte des Gardasees“ vereint Bürger, Verbände und Umweltorganisationen wie Legambiente, Gaia animali e ambiente und weitere Gruppierungen. Gemeinsam haben sie eine Charta der Rechte des Gardasees entworfen, die als Grundlage für ein nationales Gesetz dienen soll.

„Der See soll nicht länger ein Objekt der Kommerzialisierung sein, sondern ein Subjekt, das geschützt werden muss“, erklärt die Föderation ihre Vision gegenüber italienischen Medien. Die juristische Persönlichkeit würde bedeuten, dass der See selbst – vertreten durch Treuhänder – vor Gericht gegen Umweltzerstörung klagen könnte.

Gardasee und andere Gewässer am Limit

Der Hintergrund ist alarmierend: Zersiedelung, Overtourism und schwindende Biodiversität setzen dem Gardasee massiv zu. Die Region erstickt förmlich unter dem Ansturm von Millionen Urlaubern und der fortschreitenden Bebauung der Ufer.

International gibt es bereits Präzedenzfälle: Der Whanganui-Fluss und Mount Taranaki in Neuseeland erhielten Persönlichkeitsrechte, ebenso die heiligen Flüsse Ganges und Yamuna in Indien. In Südamerika genießen der Marañón-Fluss in Peru und das Atrato-Flussbecken in Kolumbien ähnlichen Schutz.

Diese Beispiele zeigen: Wenn traditionelle Schutzmaßnahmen versagen, kann die Anerkennung als Rechtssubjekt neue juristische Möglichkeiten eröffnen. Statt nur über Umweltgesetze geschützt zu sein, könnte der Gardasee aktiv seine eigenen Interessen vertreten lassen.

Ob das italienische Parlament diesem revolutionären Ansatz folgen wird, bleibt abzuwarten. Die Bewegung hofft, dass die Dringlichkeit der ökologischen Krise am Gardasee die Politik zum Handeln zwingt.

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