Delta-Variante bereitet Schulen Sorgen – VIDEO

“Impfung ohne systematische Tests riskante Strategie”

Donnerstag, 23. September 2021 | 08:05 Uhr

Rom – In Rom zeigt man sich über den bisherigen Verlauf des Schuljahres zufrieden. Von rund 400.000 italienischen Schulklassen befinden sich lediglich wenige Hundert in Quarantäne.

Allerdings ziehen am italienischen Schulhimmel dunkle Wolken auf. Die Tatsache, dass die unter Zwölfjährigen noch nicht geimpft werden können, und die noch unbefriedigende und regional sehr unterschiedliche Durchimpfungsrate der impfbaren Mittel- und Oberschüler bereiten der Regierung und den Experten, die sie beraten, nicht unerhebliche Sorgen. Die im Gesundheitsbereich tätige Stiftung „Gimbe“ fordert die Verantwortlichen dazu auf, besonders mit Blick auf die Zwölf- bis Neunzehnjährigen die Impfkampagne zu forcieren und im schulischen Bereich regelmäßige und systematische Tests einzuführen. „Ohne systematische Screenings durchzuführen, ist es eine sehr riskante Strategie, sich ausschließlich auf die Impfung zu konzentrieren“, so der Präsident von „Gimbe“, Nino Cartabellotta.

APA/APA/THEMENBILD/HANS PUNZ

Die italienischen Schulen sind gut in das neue Schuljahr gestartet. Das ändert allerdings nichts daran, dass sich die unter Zwölfjährigen derzeit nicht impfen lassen können und viele der impfbaren Mittel- und Oberschüler noch nicht geimpft sind. Eine erfolgreiche Studie scheint zwar zu bestätigen, dass der Impfstoff von Biontech/Pfizer für Fünf- bis Elfjährige „sicher und wirksam“ ist, aber die tatsächliche Möglichkeit, alle Schüler von den Volks- bis zu den Oberschulen impfen zu können, liegt derzeit noch in weiter Ferne. Angesichts der Tatsache, dass die Delta-Variante wesentlich ansteckender als der herkömmliche Virus ist und dass viele Schüler ungeschützt sind, schrillen in Italien die Alarmglocken.

A RISCHIO LA SCUOLA IN PRESENZA AL 100%

A RISCHIO LA SCUOLA IN PRESENZA AL 100%L'obiettivo scuola in presenza al 100 per cento è a rischio. A lanciare l'allarme è la fondazione Gimbe, che fornisce i primi dati sui più giovani. Tra loro quasi 20mila i nuovi contagi nelle ultime due settimane. Sul fronte vaccini si allarga il dibattito sulle dose ai più piccoliPier Damiani D'Agata e Valeria Papitto dal Tg3 delle 14,20 del 22 settembre 2021

Posted by Tg3 on Wednesday, September 22, 2021

Der Vorschlag des Unterrichtsministers Patrizio Bianchi, Klassen, in denen alle Schüler geimpft sind, unter Beibehaltung der sozialen Distanzierung mit der Abkehr von der Maskenpflicht zu „belohnen“, wird von den italienischen Schuldirektoren aus guten Gründen abgelehnt. „In den Klassen wird es immer jemanden geben, der nicht geimpft ist. Dadurch kommt es zu einem unangenehmen Klima in der Klasse, wobei das Risiko entsteht, dass ungeimpfte Schüler von ihren Schulkameraden, die die Maske ablegen möchten, ausgegrenzt werden. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, in einer Klasse mit 25 Schülern gibt es nur einen, der nicht geimpft ist. Wie wird sich dieser Junge fühlen?“, fragt sich der Präsident des italienischen Verbands der Schuldirektoren, Antonello Giannelli.

Facebook/Eugenio Giani

Die im Gesundheitsbereich tätige Stiftung „Gimbe“ hingegen fordert die Verantwortlichen auf, die bereits vorhandenen Spielräume und Möglichkeiten besser zu nutzen. „Die steigende Anzahl von Schulklassen, die in die Quarantäne geschickt werden müssen, zeigt, dass das angestrebte Ziel der Regierung, den hundertprozentigen Präsenzunterricht zu garantieren, droht, ernsthaft infrage gestellt zu werden. Ohne systematische Screenings durchzuführen, für eine bessere Belüftung zu sorgen und den Schülertransport zu verbessern, ist es eine sehr riskante Strategie, sich ausschließlich auf die Impfung zu konzentrieren“, meint der Präsident von „Gimbe“, Nino Cartabellotta.

Zudem weist die angesehene Forschungsstiftung darauf hin, dass die Durchimpfungsrate der impfbaren Mittel- und Oberschüler noch unbefriedigend und regional sehr unterschiedlich ist. Es ist daher nötig, besonders mit Blick auf die Zwölf- bis Neunzehnjährigen die Impfkampagne zu forcieren und im schulischen Bereich regelmäßige und systematische Tests einzuführen.

GIMBE

„Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen, dass alle Vorsorgemaßnahmen ergriffen werden müssen, um das Risiko einer Virusverbreitung in den Schulen auf ein Minimum zu reduzieren. Aber für Kinder unter zwölf Jahren sind noch keine Impfstoffe verfügbar und bei den über Zwölfjährigen weist der erworbene Impfschutz deutliche regionale Unterschiede auf“, erklärt Nino Cartabellotta. An dieser Stelle fällt auf, dass Südtirol nicht nur gemessen an der Gesamtbevölkerung italienisches Impfschlusslicht ist, sondern auch die Negativwertung von 53,8 Prozent der Zwölf- bis Neunzehnjährigen, die noch keine Impfdosis erhalten haben, klar anführt.

GIMBE

Der Vorschlag, in vollständig geimpften Klassen auf die Maskenpflicht zu verzichten, wird vom Präsidenten der Forschungsstiftung scharf kritisiert. „Die Annahme, dass wenn alle im Klassenzimmer geimpft sind, auf die Maskenpflicht verzichtet werden kann, beruht auf keinerlei wissenschaftlichen Erkenntnissen. Vielmehr zeigen die medizinischen Studien, dass das Tragen der Masken das Ansteckungsrisiko selbst dann verringert, wenn alle Schüler geimpft sind. Im Falle der Varianten vermindert sich das Risiko einer Ansteckung um bis zu 70 Prozent“, so der Präsident von „Gimbe“, Nino Cartabellotta.

Will Italien – und das gilt insbesondere auch für Südtirol – den Fernunterricht vermeiden, wird es daher vonnöten sein, alle genannten Maßnahmen so bald als möglich umzusetzen.

 

Von: ka