Von: ka
Perugia – Das Video, das den bekannten uruguayischen Fußballspieler Luis Suárez bei der Ableistung seiner „Italienischprüfung“ zeigt, erhitzt die Gemüter.
Da die Erlangung der italienischen Staatsbürgerschaft den Wechsel des für den FC Barcelona spielenden Stürmers aus Uruguay nach Juventus Turin erleichtert hätte, seien – so die Anschuldigung der Staatsanwaltschaft von Perugia – illegale Mittel und Wege eingesetzt worden, um dem 33-jährigen Stürmer das für den Erhalt der Staatsbürgerschaft notwendige Bestehen der Prüfung zu sichern.
Die ermittelnde Staatsanwaltschaft glaubt, dass der Prüfungskandidat und die für die Feststellung seiner Italienischkenntnisse zuständigen Professoren untereinander Fragen und Antworten verabredet hätten. Der Skandal um die vom Staatsanwalt als „Farce“ bezeichnete Italienischprüfung führte bereits zum Rücktritt der Spitze der Universität „L’Università per Stranieri di Perugia“ und zu einer ganzen Reihe von Ermittlungsbescheiden.
Die Vorgeschichte des Skandals begann, nachdem Luis Suárez seinen Wunsch nach einem Wechsel vom FC Barcelona nach Juventus Turin geäußert hatte. Auch vonseiten des Clubs aus Turin war das Interesse groß, den erfolgreichen Stürmer, der für Barcelona 191 Tore geschossen hatte, zu verpflichten. Die Verantwortlichen von Juventus wiesen den Uruguayer aber darauf hin, dass eine Erlangung der italienischen Staatsbürgerschaft seine Übernahme durch Juventus sehr erleichtert hätte. Der 33-jährige Stürmer, dessen Frau und die drei Kinder bereits italienische Pässe besitzen, hatte schon im Jahr 2019 die italienische Staatsbürgerschaft beantragt. Für deren Erhalt ist allerdings ein Zertifikat, das Italienischkenntnisse auf dem Niveau B1 bescheinigt, notwendig. Luis Suárez stimmte dem Examen zu und es wurde entschieden, die Prüfung bei der für die Erlangung von B1-Italienischzertifikaten zugelassenen Universität „L’Università per Stranieri di Perugia“ abzulegen.
Da aus transferrechtlichen Gründen die Zeit für eine Verpflichtung immer knapper wurde und Luis Suárez daher auf keinen Fall durchfallen durfte, hätten laut der Staatsanwaltschaft der Prüfungskandidat und die für die Feststellung seiner Italienischkenntnisse zuständigen Professoren untereinander Fragen und Antworten verabredet. Für die Italienischprüfung des uruguayischen Stürmers, die am 17. September des letzten Jahres stattfand, wurde sogar eine eigene Prüfungssession eingerichtet. Allerdings wussten alle Beteiligten nicht, dass im Prüfungszimmer eine versteckte Kamera und ein verstecktes Mikrofon installiert worden waren. Sie zeichneten die gesamte Prüfung mit allen Details auf.
Das veröffentlichte Video, in dem Luis Suárez sehr bescheidene Italienischkenntnisse offenbart, scheint zu beweisen, dass der Stürmerstar die Bedingung, Italienisch auf B1-Niveau zu beherrschen, nicht erfüllt. Während der weniger als 20 Minuten dauernden Prüfung spricht Luis Suárez trotz angeblicher „Unterstützung“ oft nur recht unverständliche Sätze, wobei er immer wieder in seine spanische Muttersprache zurückfällt. Der Staatsanwaltschaft zufolge, die die Prüfung als „Farce“ bezeichnete, hätte dabei der Fußballclub Juventus Turin eine nicht unbedeutende Rolle gespielt. Verantwortliche des Clubs hätten laut dem Staatsanwalt auch auf höchster Ebene interveniert, um das Einbürgerungsverfahren zu „beschleunigen“.
„Es stellte sich heraus, dass der Inhalt des Tests dem Fußballspieler im Voraus mitgeteilt worden war, was so weit ging, dass das Ergebnis und die Punktezahl des Prüfungsexamens vorher festgelegt worden waren“, so der ermittelnde Staatsanwalt von Perugia, Raffaele Cantone.
Im Rahmen der seit Monaten laufenden Ermittlungen wurden auf Anordnung von Raffaele Cantone die Spitzen der „L’Università per Stranieri di Perugia“ – die damalige inzwischen zurückgetretene Rektorin Giuliana Grego Brolli und der ebenfalls zurückgetretene Generaldirektor Simone Olivieri – für acht Monate von der Bekleidung öffentlicher Ämter suspendiert. Auch gegen die beiden Professoren Stefania Spina und Lorenzo Rocca sowie gegen den Sportdirektor von Juventus Turin, Fabio Paratici, wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Zeitdruck und das Bekanntwerden des Skandals verhinderten die Verpflichtung von Luis Suárez durch Juventus. Der bekannte uruguayische Stürmer wechselte schlussendlich zu Atlético Madrid. Für die Turiner ist das auch ein Glück. Der Club dürfte so mit einer Geldstrafe davonkommen. Das Gegenteil hätte auch zu harten Strafen durch die Sportjustiz wie unter anderem Punkteabzügen führen können. Die im Skandal verwickelten Personen hingegen werden sich vor Gericht wegen verschiedener Straftaten wie Falschbeurkundung sowie Offenbarung und Verwertung von Amtsgeheimnissen verantworten müssen.
Das Gebaren der „Italiener-Macher“ von Perugia und das Video lösten in der italienischen Öffentlichkeit Kopfschütteln und Entsetzen aus. Die Ungerechtigkeit, dass normale Kandidaten sich für die harte Prüfung lange vorbereiten und fleißig lernen müssen, während – immer laut der Anschuldigung der Staatsanwaltschaft von Perugia – einem bekannten Fußballspieler eine illegale goldene Brücke gebaut werde, nagt in den Augen vieler Italiener am Ansehen der Institutionen.