Von: ka
Florenz – Mit der zweiten Corona-Welle kehrt leider auch das „Kawasaki-artige Syndrom“ – eine seltene, aber schwer verlaufende systemische Entzündung, die von SARS-CoV-2 ausgelöst wird und Kinder befällt – zurück. Bisher wurden in Italien insgesamt 20 Fälle gezählt. Besonders gravierend war der Fall eines zwölfjährigen Buben aus Florenz, der auf der Intensivstation um sein Leben kämpfen musste.
Nachdem sie bereits im Frühjahr Dutzende von Fällen des „Kawasaki-artigen Syndroms“ beobachtet hatten – Südtirol News berichtete – schlugen Italiens Kinderärzte erneut Alarm. Die gefährliche Krankheit, bei der es sich um eine akute, fieberhafte, systemische Erkrankung handelt, die vor allem Kleinkinder befällt, war im März und April gehäuft in Gebieten aufgetreten, die von der Coronapandemie besonders stark betroffen waren. Insgesamt hatten die Pädiater vor einem halben Jahr 150 Fälle gezählt. Da diesmal das Virus aber in ganz Italien stark kursiert, verteilen sich die bisher gemeldeten 20 Fälle auf die ganze Halbinsel.
Normalerweise zeigen vom Coronavirus angesteckte Kinder nur einen leichten oder gar asymptomatischen Krankheitsverlauf. In seltenen Fällen kann SARS-CoV-2 aber auch ein von einer schweren systemischen Entzündung gekennzeichnetes Krankheitsbild hervorrufen. Amerikanische Ärzte und Forscher tauften diese gravierende, praktisch den ganzen Körper betreffende Krankheit „Multisystem inflammatory syndrome in children“, abgekürzt MIS-C.
Bei MIS-C handelt es sich um eine Erkrankung, bei der verschiedene Organe wie das Herz, die Lungen, die Nieren, das Gehirn, die Haut, die Augen oder der Gastrointestinaltrakt von einer Entzündung erfasst werden. Von MIS-C betroffene Kinder leiden an Fieber und verschiedenen anderen Symptomen wie Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall und Schmerzen im Nackenbereich. Die Kinder zeigen auch blutunterlaufenen Augen und klagen darüber, dass sie sich besonders müde fühlen. Die Ärzte und Forscher geben selbst zu, die genauen Ursachen von MIS-C noch nicht zu kennen. Es liegt aber die Vermutung nahe, das MIS-C von dem von der Immunabwehr gegen das Virus ausgelösten Zytokinsturm verursacht wird. Die genauen Mechanismen, die ihn auslösen, sind aber noch unbekannt. Die Tatsache, dass viele an MIS-C leidende Kinder an Covid-19 erkrankt waren, lasse den US-Medizinern zufolge einen klaren Zusammenhang zwischen dem „Kawasaki-artigen Syndrom“ MIS-C und der von SARS-CoV-2 verursachten Krankheit Covid-19 erkennen.
Die Mediziner und Forscher sind sich aber nicht ganz einig. Während die einen meinen, dass MIS-C nichts mit dem Kawasaki-Syndrom zu tun habe, glauben die anderen, dass das beschriebene Krankheitsbild eindeutig Teil des Kawasaki-Syndroms sei und daher als „Kawasaki-artiges Syndrom“ bezeichnet werden könne.
Einen dieser schweren Krankheitsverläufe zeigte ein zwölfjähriger Bub aus Florenz. Der junge Patient, der an einer Niereninsuffizienz litt, wurde in die pädiatrische Klinik „Meyer“ eingeliefert. Der Zustand des Jungen, der keine früheren Krankheiten aufwies, verschlechterte sich wegen eines multiplen Organversagens, das zuerst die Nieren und dann den Kreislauf, die Lungen und den Gastrointestinaltrakt betraf, rapide. Die behandelnden Mediziner sahen sich gezwungen, den Zwölfjährigen zu intubieren und seine Lebensfunktionen maschinell zu unterstützen.
Es stand schlecht um das Schicksal des Buben. Die Fachärzte sahen tagelang keine Fortschritte und befürchteten das Schlimmste. Neben einer bekannten, aus Immunglobulinen und Kortison bestehenden Therapie erwies sich die Gabe eines pharmakologischen Hemmers von Interleukin-1, der sonst nur bei schweren Autoimmunerkrankungen verwendet wird, als richtiger Weg. Nach zwei Wochen auf der Intensivstation und eines folgenden Aufenthalts auf der Kinderabteilung konnte der genesene Bub aus dem Krankenhaus entlassen werden.
Ähnliche Fälle schwerer Krankheitsverläufe bei Zwölf- bis 14-jährigen Patienten werden aus ganz Italien gemeldet. Kinderärzte in ganz Europa sind alarmiert. Auch wenn die Krankheit bisher nur wenige Kinder und Jugendliche zu betreffen scheint, ist die Furcht groß, das „Kawasaki-artige Syndrom“ MIS-C zu unterschätzen.