Impfkampagne intensivieren und Zweitimpfung vorziehen – VIDEO

“Lockdown im Oktober nicht ausgeschlossen”

Freitag, 02. Juli 2021 | 08:05 Uhr

Rom – Der Präsident des Obersten Gesundheitsinstituts ISS (Istituto Superiore di Sanità), Walter Ricciardi, warnt davor, das Virus zu unterschätzen, und ruft dazu auf, die Impfkampagne zu intensivieren. Ansonsten – so Walter Ricciardi – könnte im Oktober ein erneuter Lockdown vonnöten sein.

Auch die angesehene im Gesundheitsbereich tätige Forschungsstiftung „Gimbe“ ist alarmiert. Um der besonders von den Coronavarianten ausgehenden Gefahr angemessen begegnen zu können, schlagen die Experten der angesehenen Forschungsstiftung vor, die noch fehlenden über zwei Millionen Über-60-Jährigen zu impfen sowie durch eine Ummodellierung der Impfkampagne die Verabreichung der zweiten Impfdosis vorzuziehen.

ANSA / LUIGI MISTRULLI / Walter Ricciardi

„Ein neuer Lockdown im Oktober? Im Kampf gegen die Epidemie darf nichts ausgeschlossen werden“, so der Präsident des Obersten Gesundheitsinstituts ISS (Istituto Superiore di Sanità) des Gesundheitsministeriums, Walter Ricciardi, der die italienische Regierung berät.

Ricciardis Worte werden auch vom Direktor der Weltgesundheitsorganisation WHO, Hans Kluge, geteilt. Hans Kluge glaubt, dass „mit dem Auftreten neuer Varianten, noch unzureichendem Impfschutz und durch die Lockerungen ermöglichten vermehrten sozialen Kontakte alle drei Bedingungen für eine neue Welle und einen Anstieg des Drucks auf die Krankenhäuser erfüllt“ seien. Der Direktor der Weltgesundheitsorganisation WHO ist davon überzeugt, dass es im Herbst in Europa eine neue Coronawelle geben wird.

ANSA/CIRO FUSCO

Walter Ricciardi ist aber auch der Ansicht, dass die Regierungen noch alle Mittel besitzen, dieses Szenario zu verhindern. „Wenn wir weiterhin alle Corona-Maßnahmen einhalten und die Impfkampagne weiter intensivieren, können wir einen Anstieg der Fälle vermeiden. Ansonsten kann nicht ausgeschlossen werden, dass erneut Einschränkungen der Bewegungsfreiheit eingeführt werden müssen“, mahnt der Berater der italienischen Regierung.

Auf die Delta-Variante des Coronavirus angesprochen findet Walter Ricciardi klare Worte. „Die Delta-Variante muss uns Sorgen machen. Sie schafft Probleme von Großbritannien bis Kolumbien. Wir dürfen nicht wie in der Vergangenheit denselben Fehler begehen, das Virus zu unterschätzen. Wahrscheinlich werden die Ansteckungen in Italien ähnliche Zahlen wie im Vereinigten Königreich erreichen, aber wenn die gefährdetsten Teile der Bevölkerung geschützt sind, werden die Auswirkungen auf die Sterblichkeit und die Krankenhausaufenthalte gleich wie in England sehr begrenzt sein“, so der Experte, der zur Vorsicht mahnt, aber gleichzeitig Entwarnung gibt.

ANSA/LUCA ZENNARO

Auch die angesehene im Gesundheitsbereich tätige Forschungsstiftung „Gimbe“ schlägt Alarm. Die Experten der angesehenen Forschungsstiftung erinnern daran, dass „bis heute von den 17.886.878 Über-60-Jährigen 2.384.966 – oder in Prozenten angegeben 13,3 Prozent – noch keine Impfung erhalten haben und dass 4.648.515 oder 26 Prozent noch immer darauf warten, den Impfzyklus zu vervollständigen“. Aus diesen Zahlen folgern die Wissenschaftler der Forschungsstiftung „Gimbe“, dass mehr als sieben Millionen ältere Italiener teils oder ganz der Gefahr ausgesetzt sind, an einer schweren Form von Covid-19 zu erkranken.

Facebook/GIMBE

„Obwohl wir derzeit die genaue Prävalenz der Delta-Variante in Italien nicht kennen, erfordert ihre höhere Ansteckungsfähigkeit und vor allem die dokumentierte begrenzte Wirksamkeit einer einzigen Impfstoffdosis eine Neubewertung der Impfstrategien. Dies ist notwendig, um die klinischen Auswirkungen und den Druck auf das Gesundheitswesen zu minimieren“, so die Leiterin der Forschungsabteilung für das Gesundheitswesen der Forschungsstiftung „Gimbe“, Renata Gili.

Facebook/GIMBE

Um der besonders von den Coronavarianten ausgehenden Gefahr angemessen begegnen zu können, schlagen die Experten der angesehenen Forschungsstiftung vor, die noch fehlenden über zwei Millionen Über-60-Jährigen zu impfen sowie durch eine Ummodellierung der Impfkampagne die Verabreichung der zweiten Impfdosis vorzuziehen. Laut den Experten könne dies erreicht werden, indem man die heterologe Impfung – in diesem Fall die Zweitimpfung mit dem Vakzin von Pfizer/BioNTech nach einer ersten Verabreichung von AstraZeneca – auch für die Über-60-Jährigen zulässt. Mit einer Intensivierung der Impfkampagne sowie einer Vorverlegung der Verabreichung der zweiten Dosis könnte laut „Gimbe“ das Ziel erreicht werden, möglichst viele Ältere vor schweren Krankheitsverläufen zu schützen.

ANSA/GIUSEPPE LAMI

Das sommerliche Italien sonnt sich zwar in seinen bemerkenswert niedrigen Corona-Zahlen – am Donnerstag sind aus ganz Italien lediglich 882 neue Fälle und 21 Todesopfer gemeldet worden – aber die Experten sind sich unisono darin einig, dass der Grundstein für einen ruhigen Corona-Herbst im Sommer gelegt werden muss. In diesem Sinne dürfte besonders auf Südtirols Verantwortliche – wie die Zahlen veranschaulichen, ist Südtirol italienisches Impf-Schlusslicht – viel Arbeit zukommen.

 

Von: ka