Präsident der Region Emilia Romagna warnt vor Zeltlagern in italienischen Städten

Migration: Italiens Regionen befürchten Melonis Umverteilungspläne

Dienstag, 22. August 2023 | 15:35 Uhr

Von: apa

Das Thema Flucht und Migration beschäftigt Italien weiterhin. Die Präsidenten der italienischen Regionen befürchten die Umverteilungspläne der Regierung in Rom. Laut den Plänen von Premierministerin Giorgia Meloni sollen mehr Asylsuchende in Gebiete mit großer Fläche, aber geringerer Bevölkerungsdichte umgesiedelt werden. Damit will die Regierung eine große Konzentration in wenigen Flüchtlingseinrichtungen und in Großstädten vermeiden.

Bürgermeister und Präsidenten von Regionen zeigen sich wegen der zunehmenden Zahl von Ankünften besorgt. “Wir laufen Gefahr, dass wegen der hohen Zahl von Migrantenankünften Zelte in den Städten aufgestellt werden müssen. Vor allem in Norditalien kommen jede Woche immer mehr Migranten an, und wenn es keine Planung gibt, besteht die Gefahr, dass der soziale Unmut explodiert”, sagte der Präsident der norditalienischen Region Emilia Romagna und sozialdemokratische Spitzenpolitiker, Stefano Bonaccini, laut Medienangaben am Montagabend. Die Einwanderung sei “ein ernstes Problem, ein echter Notfall”.

Der Einwanderungsbeauftragte der italienischen Gemeindevereinigung ANCI, Matteo Biffoni, forderte die Regierung Meloni auf, beim Thema Migration auf alle Bürgermeister zu hören. Die Vereinigung hatte zuletzt behauptet, dass die Aufnahmeeinrichtungen kurz vor dem Zusammenbruch stünden, eine Behauptung, die vom Innenministerium in Rom als “surreal” bezeichnet wurde. Biffoni bekräftigte dagegen die Warnung, dass kleinere Gemeinden nicht in der Lage seien, Migrantinnen und Migranten aufzunehmen.

Das Innenministerium hatte in den vergangenen Tagen die Bürgermeister norditalienischer Gemeinden aufgerufen, in Kasernen, Sporthallen und Schulen mehr Unterkünfte für Migrantinnen und Migranten aufzutreiben. Dies löste heftigen Protest aus.

Zu diesem Thema äußerte sich am Dienstag auch der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher. Bei der Umverteilung der Migranten sollte die Bevölkerungszahl und nicht die Fläche des Gebiets berücksichtigt werden, sagte Kompatscher. Man müsse beachten, dass in Südtirol die Migrantenankünfte auch über die Balkanroute erfolgen. Viele Migranten würden auch aus Österreich und Deutschland kommen. “Unser Land ist ein Transitgebiet. Die letzten drei italienischen Innenminister haben dies berücksichtigt. Wir fordern, dass dies weiterhin getan wird”, so Kompatscher nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA.

Lega-Chef und Vizepremier Matteo Salvini bekundete unterdessen, dass die Regierung im September ein Dekret verabschieden werde, mit dem die Ausweisung sogenannter illegaler Migrantinnen und Migranten ohne Aufenthaltsgenehmigung beschleunigt werden soll.

Inzwischen ist am Dienstag das spanische Rettungsschiff “Open Arms” mit 196 Migranten an Bord im Hafen der toskanischen Stadt Marina di Carrara eingetroffen. Die Migranten waren in den vergangenen Tagen im zentralen Mittelmeer gerettet worden. Das Rettungsschiff “Life Support” mit 40 im Mittelmeer geretteten Migranten wird am Mittwoch im mittelitalienischen Hafen Ortona erwartet.

Seit Anfang 2023 sind fast 105.000 Migrantinnen und Migranten in Italien eingetroffen, davon 55.000 allein im Zeitraum zwischen dem 1. Juni und dem 18. August, also durchschnittlich 700 pro Tag. Im Hotspot der Insel Lampedusa halten sich derzeit über 2.000 Schutzsuchende auf.

Fast 2.000 unbegleitete Minderjährige sind allein am vergangenen Wochenende in Italien gelandet. Seit Jahresbeginn sind 12.188 Minderjährige in Italien eingetroffen, das sind doppelt so viele wie im Vergleichszeitraum 2022, als es noch 50.759 waren, teilte das Innenministerium in Rom am Montag mit. Allein im August wurden 16.512 Ankünfte unbegleiteter Minderjährige gemeldet.

Nach den jüngsten offiziellen Daten versorgt Italien derzeit 132.796 Asylsuchende. Die Region mit der höchsten Zahl aufgenommener Schutzsuchender ist die Lombardei mit 16.814 Personen (13 Prozent der Gesamtzahl), gefolgt von der Emilia Romagna, Sizilien und Piemont mit jeweils neun Prozent.