Migranten von Landsleuten zum Orangenpflücken und zur Prostitution gezwungen – VIDEO

Moderne Sklaverei: Carabinieri zerschlagen „Caporalato-Netzwerk“

Donnerstag, 09. Januar 2020 | 07:09 Uhr

Gioia Tauro – Nach umfangreichen Ermittlungen gelang es den Carabinieri von Reggio Calabria, ein ausgedehntes „Caporalato-Netzwerk“ zu zerschlagen. Das Netzwerk – mit dem Begriff „Caporalato“ wird die im Süden grassierende Sklavenarbeit in der Landwirtschaft bezeichnet – bestand aus einer größeren Gruppe von Afrikanern, die als „Caporali“ ihre Landsleute ausbeuteten. Während die Männer für einen Hungerlohn den ganzen Tag Orangen und Mandarinen pflücken mussten, wurden mehrere Frauen zur Prostitution gezwungen.

Die von der Staatsanwaltschaft von Palmi geleiteten und von den Carabinieri durchgeführten Ermittlungen kamen ins Rollen, nachdem ein Senegalese seinen aus Ghana stammenden „Caporale“ angezeigt hatte. Dank Beschattungen, Telefonmitschnitten, verdeckten Videoaufnahmen und Zeugenaussagen gelang es den Carabinieri, nach und nach das gesamte Netzwerk aufzudecken und eine Unmenge von belastenden Indizien und Beweisen zu sammeln. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft schlugen die Carabinieri am frühen Mittwochvormittag zu und verhafteten insgesamt 29 Personen. Den Festgenommenen, unter denen sich 18 „Caporali“ und elf Inhaber von landwirtschaftlichen Betrieben oder Genossenschaften befinden, werden verschiedene Straftaten wie illegale Arbeitsvermittlung, Ausbeutung, Begünstigung der Prostitution und Zuhälterei sowie Drogenhandel zur Last gelegt.

Das „Geschäftsmodell“ der „Caporali“ war denkbar einfach. Die „Caporali“, die gleich wie ihre ausgebeuteten Landsleute im Barackenlager San Ferdinando in der kalabresischen Gemeinde von Rosarno wohnten, warben während der Erntezeit viele Migranten für die Pflückarbeit in den Orangen- und Mandarinenhainen der Ebene von Gioia Tauro in Kalabrien an. Anschließend boten sie die Männer, unter denen sich auch illegale Einwanderer befanden, bäuerlichen Betrieben und Genossenschaften, die gerne auf billige Erntehelfer zurückgriffen, als Arbeitskräfte an. Mit nur für neun Personen zugelassenen Kleinbussen, in die sie aber bis zu 15 „Knechte“ pferchten, brachten die „Caporali“ ihre unglücklichen Landsleute selbst bis zum Betrieb oder Orangenhain ihrer Kunden.

Die skrupellosen „Caporali“ und Bauern schreckten nicht davor zurück, die Notlage der Flüchtlinge bis aufs Äußerste auszunützen. Die Männer – so die Ermittlungen – mussten sieben Tage in der Woche zehn bis zwölf Stunden am Tag arbeiteten. Während die „Caporali“ eine saftige „Vermittlungsgebühr“ einstrichen, erhielten die ausgebeuteten Flüchtlinge für jede Kiste gepflückter Orangen und Mandarinen lediglich einen Euro, was auf einen langen Arbeitstag gerechnet einen menschenunwürdigen Stundenlohn zwischen zwei und drei Euro ergab.

Im Rahmen der Ermittlungen kamen die Carabinieri auch einem Mann aus Liberia auf die Schliche, der sein „Einkommen“ auf weitere Geschäftsfelder ausgedehnt hatte. Mit seinem Kleinbus brachte er aus Nigeria stammende Frauen von Rosarno bis ins Barackenlager, wo sie zur Prostitution gezwungen wurden. Anschließend mussten die Nigerianerinnen ihrem Ausbeuter einen Teil ihrer Einkünfte überlassen. Der gleiche Täter machte sich auch einiger kleinerer Drogendelikte schuldig.

Der Staatsanwalt von Palmi, Ottavio Sferlazza, sprach während der Pressekonferenz von einer „wichtigen Operation, die dem schrecklichen Phänomen der Ausbeutung ein Ende bereitet hat“. Zugleich bemängelte Ottavio Sferlazza „die Abwesenheit von politischen Entscheidungen, die diesen Missständen vorbeugen und diesen Leuten würdige Lebensumstände ermöglichen müssten“.

Der unglaubliche Fall von Gioia Tauro fügt sich einer langen Reihe von ähnlichen Fällen in Italien hinzu, bei denen Flüchtlinge dazu gezwungen wurden, unter menschenunwürdigen Lohn- und Arbeitsbedingungen Feldarbeit zu verrichten. Wie kann der Teufelskreis aus Illegalität, Armut und Ausbeutung durchbrochen werden, fragen sich viele Italiener.

Questa mattina in Calabria i carabinieri hanno arrestato 29 persone, fra cui anche alcuni imprenditori agricoli, per…

Pubblicato da Teresa Bellanova su Mercoledì 8 gennaio 2020

Von: ka