Von: mk
Rom/Palermo – Italiens Hardliner Matteo Salvini muss mit neuem Ungemach vor Gericht rechnen. Die Staatsanwaltschaft von Palermo hat den Freispruch im Verfahren wegen Freiheitsberaubung und des Amtsmissbrauchs vor dem Kassationsgericht angefochten.
Nach einem mehr als drei Jahre langen Prozess war Italiens damaliger Innenminister im Dezember 2024 vor Gericht in Palermo freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre beantragt.
Die Staatsanwaltschaft hatte Salvini zur Last gelegt, 2019 das Schiff namens “Open Arms” einer spanischen Hilfsorganisation mit 147 Migranten an Bord wochenlang am Einlaufen in den Hafen der Insel Lampedusa gehindert zu haben.
Der Vorsitzende der rechten Regierungspartei Lega gehört zu den zentralen Figuren der Koalition von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Heute ist Salvini Verkehrsminister.
Der Rekurs, der direkt bei der Kassation eingereicht wurde, ermöglicht es der Staatsanwaltschaft, die Berufungsinstanz zu überspringen und eine sofortige Entscheidung des Höchstgerichts zu erwirken. Die Begründung des Freispruchs war erst im Juni dieses Jahres veröffentlicht worden, schreibt die Nachrichtenagentur Ansa.
Die Staatsanwaltschaft argumentiert, dass das Urteil in Zusammenhang mit dem Freispruch die von der Anklage dargelegten und als erwiesen angesehenen Fakten nicht widerlege. Stattdessen interpretiere es Gesetze und internationale Konventionen falsch, indem es behaupte, Italien sei nicht verpflichtet gewesen, dem spanischen Schiff einen sicheren Hafen zuzuweisen. Ein erneuter Berufungsprozess sei aus Sicht der Staatsanwaltschaft daher überflüssig.
Salvini und Regierung reagieren gelassen
Matteo Salvini selbst äußerte sich unbeeindruckt. „Ich hatte mehr als 30 Anhörungen, das Gericht hat mich freigesprochen, weil keine Straftat vorliegt, und damit anerkannt, dass die Verteidigung der Grenzen kein Verbrechen ist. Offensichtlich gibt sich jemand nicht geschlagen, aber wir machen weiter. Ich mache mir keine Sorgen“, kommentierte Salvini. In den sozialen Medien bekräftigte er seine Haltung: Italien und dessen Grenzen zu verteidigen, sei kein Verbrechen, schrieb er.
Auch Ministerpräsidentin Giorgia Meloni reagierte auf die Nachricht. „Diese Hartnäckigkeit ist surreal, nach einem dreijährigen Prozess, der gescheitert ist – gegen einen Minister, der das Gesetz durchsetzen wollte und der mit einem vollständigen Freispruch endete“, schrieb sie in den sozialen Medien. Sie frage sich zudem, was die Italiener von all diesen verschleuderten Ressourcen hielten, während Tausende ehrlicher Bürger auf Gerechtigkeit warteten.
„Es tut mir menschlich und persönlich, aber auch beruflich leid. Ich habe diese Zeit als Stabschef von Salvini miterlebt“, erklärte Innenminister Matteo Piantedosi. Auch er stehte zu den damals unternommenen Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung, die sich seiner Ansicht nach „nicht wesentlich von der der Mafia“ unterscheide.
Oscar Camps, der Gründer der NGO Open Arms, äußerte sich ebenfalls: „Die Fakten wurden in erster Instanz ausführlich rekonstruiert, wir haben volles Vertrauen in die Arbeit der Staatsanwaltschaft.“
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