Finanzwache deckt grausames „Caporali-Netzwerk“ auf – VIDEO

Rassismus und Ausbeutung: „Dauernde Verletzung der Menschenwürde“

Sonntag, 14. Juni 2020 | 08:08 Uhr

Cosenza – Nach langwierigen und aufwendigen Ermittlungen gelang es den Beamten der Finanzwache von Cosenza ein in Kalabrien und der Basilikata tätiges, weitreichendes „Caporali-Netzwerk“ aufzudecken. Mit dem Begriff „Caporalato“ wird die im Süden grassierende Sklavenarbeit in der Landwirtschaft bezeichnet.

ANSA/UFFICIO STAMPA/GUARDIA DI FINANZA

Die Opfer, bei denen es sich um in Aufnahmezentren angeworbene Migranten und Flüchtlinge handelte, wurden von den „Caporali“ durchwegs rassistisch als „Affen“ beschimpft und gezwungen, für wenig Lohn stundenlange, schwere Feldarbeit zu verrichten. Im Rahmen der Operation „Demetra“ wurden 60 Personen festgenommen und insgesamt 14 landwirtschaftliche Betriebe beschlagnahmt.

„Diese Operation der Finanzwache zeigt mit der Entmenschlichung der Landarbeiter, die in den Telefonmitschnitten als ‚Affen‘ bezeichnet wurden, die dauernde Verletzung der Menschenwürde auf“, so der Kommandant der Finanzwache der Provinz Cosenza, Oberst Danilo Nastasi. Mit diesen dramatischen Worten beschrieb Danilo Nastasi die unmenschlichen Arbeitsbedingungen, zu denen die Landarbeiter, die Opfer eines „Caporali-Netzwerks“ geworden waren, von ihren durchwegs rassistischen und ausbeuterischen Peinigern gezwungen wurden. Dank umfangreicher Ermittlungen gelang es den Beamten der Finanzwache, die kriminelle Organisation zu zerschlagen und in Kalabrien sowie in der angrenzenden Region Basilikata 60 Personen festzunehmen.

Das Netzwerk bestand eigentlich aus zwei kriminellen Organisationen, die miteinander zusammenarbeiteten. Die erste von ihnen bestand aus 47 Personen, von denen 16 „Caporali“ waren. Sie kümmerte sich darum, die Landarbeiter und Tagelöhner, bei denen es sich zumeist um Migranten und Flüchtlinge handelte, anzuwerben und zu den Feldern zu bringen. Dort wurden die Landarbeiter, die von ihren Peinigern durchwegs als „Affen“ bezeichnet wurden, gezwungen, für wenige Dutzende Euro bis zu zwölf Stunden am Tag hart zu arbeiten. Die kriminelle Tätigkeit war dermaßen einträglich, dass die Chefs der Organisation weitere „Caporali“ anheuern mussten. Alle Ausländer wurden den landwirtschaftlichen Unternehmern, die je nach Art der Ernte nach Osteuropäern, Pakistanern oder Schwarzafrikanern verlangten, zur Verfügung gestellt.

ANSA/UFFICIO STAMPA/GUARDIA DI FINANZA

Die zweite Organisation hingegen war damit beschäftigt, fingierte Heiraten einzufädeln. Diese vorgetäuschten Eheschlüsse erlaubten es Ausländern, im Land zu bleiben oder leichter nach Italien zu gelangen. Die Ermittlungen wurden auf Antrieb des Staatsanwalts von Castrovillari, Eugenio Facciolla, eingeleitet. Insgesamt wurden rund 200 landwirtschaftliche Arbeiter Opfer des „Caporali-Netzwerks“. Unter den Festgenommenen, die in den Hausarrest überstellt wurden, befand sich auch ein Angestellter der Gemeinde Corigliano Rossano. Die ausgebeuteten Landarbeiter und Tagelöhner selbst warben die Kriminellen zumeist in den Aufnahmezentren der ionischen Küstenseite Kalabriens an.

„Wir stehen einer neuen Form der Sklaverei gegenüber, die aus der Verletzung der Menschenwürde sowie jeglicher, arbeitsrechtlicher Normen besteht“, so Oberst Valerio Noventa der Finanzwache. Dieser unglaubliche Fall fügt sich einer langen Reihe von ähnlichen Fällen in Italien hinzu, bei denen Flüchtlinge dazu gezwungen wurden, unter menschenunwürdigen Lohn- und Arbeitsbedingungen Feldarbeit zu verrichten. Wie kann der Teufelskreis aus Illegalität, Armut und Ausbeutung durchbrochen werden, fragen sich viele Italiener.

 

Von: ka