Finanzpolizei hebt mehrere Verbrechernetze aus

“Pizza zum Mitnehmen” als Code für Kokain

Mittwoch, 07. Mai 2025 | 13:00 Uhr

Von: mk

Trient – Am Mittwochmorgen hat die Finanzpolizei Trient unter Leitung der Bezirksstaatsanwaltschaft eine umfangreiche Razzia gestartet, die sich gegen ein weit verzweigtes Netzwerk mutmaßlicher Straftäter richtete.

Dabei wurden auf Anordnung des Ermittlungsrichters am Landesgericht Trient dutzende Personen festgenommen und Vermögenswerte im Millionenbereich beschlagnahmt.

Den Beschuldigten werden unter anderem Verbrechen gegen die öffentliche Verwaltung, Drogenhandel, Geldwäsche sowie betrügerische Vermögensübertragungen vorgeworfen.

Auf einer Pressekonferenz wurden die Einzelheiten der laufenden Ermittlungen präsentiert, die unter anderem auch von Eurojust, vom zentralen Ermittlungsdienst gegen organisierte Kriminalität, von der Ermittlungseinheit zum Schutz der Privacy und vor Online-Betrug sowie weiteren Abteilungen der Finanzpolizei unterstützt wurden.

Im Rahmen von vier Vollstreckungsbefehlen, die der Untersuchungsrichter in Trient ausgestellt hat, wurden gegen 37 Personen restriktive Maßnahmen erlassen: Während 18 Personen in U-Haft ins Gefängnis gebracht wurde, überstellten die Ermittler zwei weitere Personen in den Hausarrest. Des Weiteren wurden 13 Aufenthaltsverbote erlassen, drei Personen dürfen hingegen das Trentino nicht verlassen, während eine weitere Person täglich bei der Gerichtspolizei erscheinen muss. Insgesamt wird gegen über 70 Personen italienischer, albanischer und nordafrikanischer Nationalität ermittelt.

Zeitgleich wurden Vermögenswerte in Höhe von rund 12,4 Millionen Euro beschlagnahmt. Betroffen sind Bankkonten, Immobilien der Beschuldigten, eine Finanzgesellschaft mit Anteilen an drei weiteren Unternehmen (zwei im Immobilien- und eines im Gastronomiebereich) sowie vier weitere Gewerbebetriebe – zwei Bars, ein Pub und ein Pizza-Restaurant – in Trient, Lavis und Andalo.

Ausgangspunkt der Ermittlungen war eine Analyse von Unternehmensverkäufen im Gastronomie- und Hotelgewerbe durch die Finanzbeamten. Dabei stießen sie auf verdächtige Finanztransaktionen einiger lokaler Unternehmer. Diese hatten insbesondere während der Pandemie eine auffällige Anzahl von Betrieben (Bars, Restaurants, Hotels) erworben und stellten zugleich einen demonstrativ hohen Lebensstandard zur Schau.

Im Rahmen der Ermittlungen wurden Personen beschattet, verdächtige Transaktionen ausgewertet und Telefongespräche überwacht. Dabei deckten die Ermittler – vorbehaltlich der Unschuldsvermutung – die Existenz von vier verschiedenen kriminellen Gruppen im Raum Trient auf.

“Pizza zum Mitnehmen” als Code für Kokain

Die erste Gruppe, bestehend aus 18 überwiegend aus Italien stammenden Personen, wurde von einem Mitglied einer lokalen Unternehmerfamilie im Gastgewerbe angeführt. Der Mann soll mit einem dichten Netz lokaler Komplizen und Dealern Kokainhandel betrieben haben. Die Drogen bezog er von in Trient ansässigen Nordafrikanern und nutzte zwei ihm gehörende Betriebe – ein Pub und ein Pizza-Restaurant – als Umschlagplätze.

Die Drogen wurden oft telefonisch unter dem Decknamen “Pizza zum Mitnehmen” bestellt, wobei bestimmte “Beläge” vordefinierten Mengen an Kokain entsprachen. In einigen Fällen erfolgte die Bezahlung sogar über das EC-Kartenlesegerät der Betriebe, wodurch die illegalen Einnahmen direkt in das Unternehmen flossen.

Ein Großteil der Gewinne aus der kriminellen Tätigkeit wurde mit Hilfe eines willfährigen Steuerberaters und eines Versicherungsvermittlers im Rahmen eines ausgeklügelten Systems gewaschen.

Die illegalen Gelder flossen zunächst über Konten des Finanzvermittlers – auch in bar – und wurden dann in Versicherungspolicen investiert. Nach deren Rückzahlung wurde das Kapital für den Kauf und die Führung von Gastronomiebetrieben im Trentino benutzt sowie für Investitionen in Luxusuhren und Goldbarren verwendet.

Korruption bei Hotelverkauf

Im Zuge der Ermittlungen kamen außerdem Straftaten gegen die öffentliche Verwaltung ans Licht. Ein Mitglied der erwähnten Unternehmerfamilie soll mit Unterstützung seines Steuerberaters den damaligen Präsidenten des Verwaltungsrats einer Gesellschaft mit öffentlicher Beteiligung bestochen haben, die ein renommiertes Hotel mit angeschlossenen Thermen im Trentino verwaltet.

Gewährt wurden zahlreiche Vorteile, wie Wellnessanwendungen, Abendessen, Wertgegenstände sowie die Zusage von Geldzahlungen. Ziel war es, sich einen unrechtmäßigen Vorteil beim Kauf und der Verwaltung des Objekts zu verschaffen.

Konkret haben die Ermittler Treffen mit verfolgt, bei denen der Amtsträger und einige Führungskräfte der öffentlichen Gesellschaft mit den Beschuldigten Monate vor der Veröffentlichung der Ausschreibung die Kriterien für den Verkauf des genannten Hotels im Wert von zehn Millionen Euro vereinbarten und planten.

Weitere Drogenringe zerschlagen

Eine zweite kriminelle Gruppe, die aus zehn Mitgliedern (acht mit nordafrikanischer Nationalität), bestand handelte mit Haschisch. Die Drogen wurden hauptsächlich in Turin und Bologna erworben und in Trient sowie in den Gemeinden Borgo Valsugana und Rovereto weiter verkauft. Die gehandelte Menge wurde auf rund 80 Kilogramm geschätzt, was der Organisation einen Gewinn von über 7,2 Millionen Euro eingebracht haben soll.

Der dritte Ermittlungsstrang betraf eine kriminelle Vereinigung aus sechs Personen – vier davon mit italienischer Herkunft -, die im nationalen und internationalen Drogenhandel aktiv waren. Konkret ging es um Kokain, Haschisch und Marihuana. Die Anführer bezogen die Drogen aus Belgien und den Niederlanden, wobei Kuriere die Drogen in speziell präparierten Pkw mit doppeltem Boden nach Italien brachten. Der Verkauf der einzelnen Dosen erfolgte im Trentino über zahlreiche Dealer. Eine Bar in Lavis, die von einem serbischen Staatsbürger betrieben wird, diente als Lagerort. Die Ermittlungen ergaben, dass rund 50 Kilogramm Drogen umgeschlagen wurden – mit einem Gewinn von schätzungsweise über 4,7 Millionen Euro.

Die vierte kriminelle Gruppe bestand aus drei albanischen Staatsbürgern und einer moldawischen Staatsbürgerin, die alle in Trient ansässig sind. Zwei von ihnen sind bereits in der Vergangenheit wegen Drogen gerichtlich verurteilt worden. Sie sollen einen Teil ihrer illegalen Einnahmen in eine neue Bar im historischen Zentrum von Trient investiert und das Geschäft auf einen Strohmann übertragen haben. Ziel war laut den Ermittlern, Vorschriften zur Vermögensabschöpfung zu umgehen und Geldwäsche zu erleichtern.

Neben den Festnahmen und Beschlagnahmungen, die auch in den Niederlanden erfolgten, gingen im Trentino 70 Hausdurchsuchungen über die Bühne, bei denen über 200 Finanzpolizisten mit Unterstützung von Hubschraubern der Flugabteilung aus Bozen im Einsatz waren. Die Ermittlungen und die Analyse der beschlagnahmten Beweismittel dauern an.

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