Landarbeiter protestieren gegen „Rote Zone“, Anwohner gegen Ausländer – VIDEO

„Rote Zone“: Gewalttätige Corona-Proteste erregen Besorgnis

Freitag, 26. Juni 2020 | 08:25 Uhr

Mondragone/Bologna – In einem von bulgarischen Landarbeitern bewohnten Viertel in Mondragone ist es zu einem heftigen Coronavirus-Ausbruch gekommen. In der Folge wurde der dicht bevölkerte Gebäudekomplex, in dem bisher 49 Fälle von Covid-19-Positivität gezählt wurden, als „Rote Zone“ mit strengen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit ausgerufen.

Das Viertel von Mondragone, das als „Palazzi ex Cirio“ bekannt ist und seit Montag unter Quarantäne steht, wurde am Donnerstagvormittag Schauplatz heftiger Proteste. Während die Bulgaren, die auf ihre Felder zurückkehren wollen, gegen die Ausrufung der „Roten Zone“ demonstrierten, richtete sich der Unmut der Anwohner gegen die Anwesenheit der Ausländer.

In Mondragone ist die Spannung mit den Händen zu greifen. Trotz des Verbots, das Viertel zu verlassen, zogen am Donnerstag Dutzende von zumeist bulgarischen Landarbeitern, die gegen die Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit protestierten, durch die Straßen der süditalienischen Kleinstadt. Die Landarbeiter, die seit Montag „eingesperrt“ sind, fürchten um den Verlust ihrer Arbeitsplätze. Am Donnerstag hatten die Ordnungskräfte alle Hände voll zu tun, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten und die Bevölkerung, die wiederum gegen die Anwesenheit der Ausländer protestierte, und die Landarbeiter auseinanderzuhalten.

Zusammenstöße zwischen den Einwohnern und den Landarbeitern, in dessen Verlauf ein Polizist verletzt wurde, konnten aber nicht ganz verhindert werden. Am Nachmittag musste die Polizei erneut mit aufstandsbekämpfender Ausrüstung ausrücken, um eine Gruppe von Italienern, die die Umgebung „bewachten“, vom Eindringen in das Viertel abzuhalten.

Der Präsident der Region Kampanien, Vincenzo De Luca, bat in einem Gespräch mit der italienischen Innenministerin Luciana Lamorgese um eine Verstärkung der Ordnungskräfte. Luciana Lamorgese sagte zu, zur Durchsetzung der „Roten Zone“ nicht nur zusätzliche Polizeikräfte, sondern auch 100 Soldaten zu entsenden. Dies ist auch bitter nötig. Aus Angst, ihre Arbeit zu verlieren, brachen mehrere Landarbeiter aus der „Roten Zone“ aus. Von ihnen fehlt bisher jede Spur.

Die Zustände in Mondragone lösten heftige Kritik der Opposition aus. „In Mondragone haben wir innerhalb kürzester Zeit reagiert. Sobald wir von der Ansteckung einer Frau bulgarischer Nationalität Notiz erhalten hatten, haben wir die betreffenden Gebäude sofort unter Quarantäne gestellt und die Ordnungskräfte angewiesen, eine rigorose Kontrolle sicherzustellen“, so die Replik des Präsidenten von Kampanien, De Luca.

Im selben Atemzug kündigte Vincenzo De Luca an, die Saisonarbeiter in der Landwirtschaft in den nächsten Wochen flächendeckenden Kontrollen zu unterziehen. Damit soll verhindert werden, dass es unter den Landarbeitern, die zumeist in sehr beengten Verhältnissen untergebracht sind, zu neuen Corona-Ausbrüchen kommt.

In der Zwischenzeit geht die Verlegung der positiv getesteten Personen, die allesamt einen asymptomatischen Krankheitsverlauf zeigen, in das Covid Hospital von Maddaloni ungebrochen weiter. Zu den 19 stationär aufgenommenen Patienten werden sich in den nächsten Tagen weitere Covid-19-Erkrankte gesellen. Mindestens vier positiv getestete Landarbeiter, die nie behördlich registriert wurden, gelten allerdings weiterhin als unauffindbar.

Beim zweiten Corona-Brennpunkt handelt es sich um ein Magazin des Logistikunternehmens BRT in Bologna. Unter den Magazineuren des Unternehmens und ihren Angehörigen wurden bisher insgesamt 64 Fälle einer Ansteckung mit dem Coronavirus gezählt. Dabei zeigen neun Personen einen von Symptomen gekennzeichneten Krankheitsverlauf.

Der Corona-Herd wurde entdeckt, nachdem sich ein Erkrankter an seinen Hausarzt gewandt hatte. Allerdings wurden in den meisten Fällen die Basismediziner zu spät verständigt, was die Entstehung und besonders die Ausweitung des Krankheitsherdes begünstigt hatte. Der Direktor der Abteilung für öffentliche Gesundheit von Bologna, Paolo Pandolfi, kritisierte diese Verspätung und rief alle Betroffenen dazu auf, in Zukunft mehr Verantwortung zu zeigen. Derzeit werden in Bologna 370 Personen, die mit den Infizierten Kontakt hatten, einem Screening unterzogen.

Die beiden Corona-Ausbrüche lösten in der italienischen Öffentlichkeit Besorgnis aus. Die Experten hingegen, gaben bekannt, dass sie mit dem Auftreten solcher Herde gerechnet hatten. Sie fügten hinzu, dass kein Grund zu größerer Besorgnis bestehe, da solchen Ausbrüchen mit geeigneten Mitteln – Ausrufung von „Roten Zonen“ und flächendeckende Tests – erfolgreich begegnet werden könne.

Von: ka