Flüchtlinge von Rettungsschiff Humanity dürfen an Land

Tajani fordert neuen Migrationspakt für Europa

Sonntag, 06. November 2022 | 15:28 Uhr

Rom – Die neue Rechtsregierung in Rom fordert eine Neuregelung der Flüchtlingspolitik in Europa. Migranten, die im Mittelmeer gerettet werden, sollen von dem Land aufgenommen werden, unter dessen Flagge das Rettungsschiff fährt. Das verlangt der neue Außenminister Antonio Tajani.

Die NGOs, die Flüchtlinge bei ihrer Überfahrt über das Mittelmeer helfen, bezeichnen die Geretteten hingegen als „Schiffbrüchige“. Damit ändert sich der Rechtsstatus grundlegend. Laut internationalem Seerecht dürfen Schiffbrüchige am nächstgelegenen Hafen an Land kommen, ohne sich vorher einer Identifizierung unterziehen zu müssen. Das gilt ganz besonders für unbegleitete Minderjährige.

Die Regierung in Rom hält die Flüchtlinge dagegen für illegale Einwanderer. In diesem Fall greift das Dubliner Übereinkommen. Der völkerrechtliche Vertrag bestimmt, welcher Staat für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft gestellten Asylantrags zuständig ist. Formal ist das Übereinkommen weiterhin gültig, wird jedoch faktisch nicht mehr angewendet. Es wurde im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zuerst durch die Dublin-II-Verordnung und dann durch die Dublin-III-Verordnung ersetzt.

Demnach muss sich das Land, wo die illegale Einreise stattgefunden hat, um die Identifizierung und um das Asylverfahren der Flüchtlinge kümmern. In Europa handelt es sich in vielen Fällen um Italien. An zweite Stelle rückt jener Staat, der für eine Zusammenführung von Familien infrage kommt.

Italien hat sowohl die UN-Konvention zum Seerecht, das die Aufnahme von Schiffbrüchigen regelt, als auch das Dubliner Abkommen mit unterzeichnet.

Vor Sizilien warten derzeit mehrere Flüchtlingsschiffe unter deutscher und norwegischer Flagge mit rund 1.000 Flüchtlingen an Bord. Italien hat den Schiffen bislang nicht gestattet, anzulegen. In der Nacht auf den heutigen Sonntag hat hingegen das deutsche Rettungsschiff Humanity im Hafen von Catania nach tagelangem Warten angelegt. Die meisten der rund 180 Flüchtlinge durften an Land gehen, wobei es sich um Kinder, Schwangere und Kranke handelte.

24 Männer, die laut Innenministerium nicht hilfsbedürftig sind, sollen noch an Bord sein und müssen Italiens Hoheitsgewässer wieder verlassen.

Von: mk