Soziale Medien fördern „wahnwitziges Spiel mit dem Tod“ – VIDEO

Tödliche Mutprobe: 26-Jähriger stirbt bei Sprung in den See

Mittwoch, 29. Juli 2020 | 07:06 Uhr

Mandello del Lario – Eine ganz besondere Mutprobe – ein Sprung in den Comer See aus bis zu 25 Metern Höhe – wird bei jungen Leuten, die ihre „Glanztaten“ und „Mutproben“ in den sozialen Netzwerken posten wollen, immer beliebter.

Allerdings ist diese Mutprobe sehr gefährlich. Leider kommt es vor, dass die Jugendlichen oder jungen Männer im See ertrinken oder sich an den Felsen am Grund des Sees tödlich verletzten. Das letzte Opfer, dem der mutige Sprung in den See zum Verhängnis wurde, war ein 26-Jähriger. Seine Leiche musste von den Tauchern der Feuerwehr aus 18 Metern Tiefe geborgen werden.

Die Springer, bei denen es sich vor allem um Jugendliche oder junge Männer handelt, beginnen meist mit einem langsamen Countdown. Um möglichst weit von den Felsen wegzukommen, nehmen sie anschließend – sofern der Platz dafür vorhanden ist – einen schnellen Anlauf und springen dann aus bis zu 25 Metern Höhe in den Comer See. Dabei erreichen die Springer Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 70 Kilometern pro Stunde.

Es genügt ein kleiner Fehler, um sich schwer zu verletzten oder gar das Leben zu verlieren: Im Falle eines Haltungsfehlers wirkt die Wasseroberfläche wie ein Betonboden. Zudem ist es möglich, dass der Springer entweder zu tief eintaucht und nicht über genügend Sauerstoff verfügt, um wieder die Wasseroberfläche zu erreichen, oder eine für den Sprung ungeeignete Stelle wählt und sich an den Felsen am Grund des Sees tödlich verletzt.

YouTube/Frame Video Cliff Jumping in 4k 10 000fps

Schauplatz dieser mitunter tödlichen Mutproben sind die Brücke und die Tunnelfenster eines aufgelassenen Straßenabschnitts des Moregallo hoch über dem Arm von Lecco des Comer Sees im Gemeindegebiet von Mandello del Lario. Die Springer ignorieren die Verbote, den aufgelassenen Teil der Straße zu betreten. Sie klettern über das Gittertor und gelangen so auf die Brücke und zum Tunnel. Direkt von der Brücke, aus den großen Tunnelfenstern oder von den danebenliegenden Felsvorsprüngen springen dann die „Mutigen“ manchmal zu Dutzenden in den See.

Unter den jungen Leuten der umliegenden Dörfer gilt es bereits seit Jahrzehnten als „große Mutprobe“ und als gemeinsam erlebter Initiationsritus, aus großer Höhe von den Felsen in den See zu springen. Unter dem Einfluss der sozialen Netzwerke vervielfältigte sich aber in den letzten Jahren die Anzahl der „Mutigen“, die nichts lieber wollen, als ein spektakuläres Bild oder Video vom eigenen Sprung auf YouTube, Instagram oder Facebook zu posten.

Aufgrund der immer zahlreicheren, veröffentlichten Einträge in den sozialen Netzwerken zieht der Moregallo an Wochenenden teilweise massenhaft Springer an, deren Videos und Bilder wieder neue „Mutige“ zur Brücke und zum Tunnel locken. Um die Mutprobe kunstgerecht in Szene setzen zu können, kommen längst nicht mehr nur Smartphones, sondern immer öfter GoPro-Kameras, Bodycams oder sogar Drohnen zum Einsatz. Inzwischen fahren Mailänder eigens zum Comer See, um sich von der Brücke des Moregallo in den See zu stürzen.

Während die Einheimischen aber den See kennen und genau wissen, von welchen Stellen sie „einigermaßen gefahrlos“ in den Comer See springen können, sind Auswärtigen die Gefahren des Comer Sees nicht bewusst.

„Wir alle, die seit unserer Kindheit am und mit dem See leben, sind vielleicht schon einmal von dort in den See gesprungen. Aber wir sind von hier. Wir kennen den See und seine verborgenen Gefahren. Diejenigen aber, die aus anderen Gegenden kommen – oft sogar von außerhalb der Provinz – haben in vielen Fällen noch nie zuvor im See gebadet. Und dennoch fordern sie ihr Schicksal heraus, indem sie sich von einer gefährlichen Stelle in den Comer See stürzen“, so der Bürgermeister von Mandello, Riccardo Fasoli.

Das vorläufig letzte Opfer – der 26-jährige, ursprünglich aus Ecuador stammende Jean Carlo Falconi Zambrano – musste am Samstag von den Tauchern der Feuerwehr aus 18 Metern Tiefe geborgen werden. Ersten Ermittlungserkenntnissen und Zeugenaussagen zufolge hatte sich der 26-Jährige an einer gefährlichen Stelle aus großer Höhe in den See gestürzt und war nicht mehr an der Wasseroberfläche erschienen. Zeugen schlugen sofort Alarm und verständigten die Rettungskräfte, aber für Jean Carlo Falconi Zambrano kam jede Hilfe zu spät.

Der Bürgermeister von Mandello del Lario hofft, für den aufgelassenen Straßenabschnitt bald einen privaten Käufer zu finden. Im Sinne der Gemeinde soll dieser den entsprechenden Abschnitt endgültig sperren und ihn einer anderen Nutzung zuführen. Laut Meinung vieler Leser und Kommentatoren liegt das Problem aber viel tiefer. Wie kann männlichen Jugendlichen und jungen Männern die Lust auf gefährliche Initiationsriten und Mutproben – also auf ein „wahnwitziges Spiel mit dem Tod“ – ausgetrieben werden?

Von: ka