Von: ka
Mailand – Der italienische Einzelhandel befindet sich in großen Schwierigkeiten. Aufgrund der von der Coronapandemie verursachten Wirtschaftskrise fehlt vielen Italienern das Geld wie von vergangenen Jahren her gewohnt im Frühjahr die Boutiquen der Innenstädte und Einkaufszentren zu stürmen, um die letzte Sommermode zu erstehen. Zudem haben weiterhin viele Bürger Angst, sich mit dem Virus anzustecken, sodass im Gegensatz zu früher auf den Straßen und Plätzen viel weniger Menschen – und damit potenzielle Kunden – unterwegs sind. Nirgends wird dies so deutlich wie in der Modemetropole Mailand.
Fase 2, a Milano poca voglia di shopping in centro e nei mercati https://t.co/PdNo9XRpqi
— Moda Corriere (@ModaCorriere) May 23, 2020
Der erste Einkaufssamstag nach dem Lockdown endete für viele Inhaber von Boutiquen und anderen Einzelhandelsgeschäften mit einer herben Enttäuschung. Dies gilt insbesondere für die von der Coronaepidemie schwer getroffene Modemetropole Mailand. Nach zwei Monaten scharfer Einschränkungen der Bewegungsfreiheit genossen es nicht wenige Mailänder zwar wieder, in der Innenstadt zu flanieren, aber von einem gewöhnlichen Shoppingsamstag der Vor-Corona-Zeit ist Mailand immer noch sehr weit entfernt.
Wo früher aufgrund der Menschenmassen kaum ein Durchkommen war, kann man heute von einem zum anderen Ende des sogenannten „Mailänder Modevierecks“ innerhalb kürzester Zeit problemlos zu Fuß gehen. Den Einzelhändlern zufolge sind in diesem Mai gegenüber den vergangenen Jahren weniger als die Hälfte der Mailänder unterwegs. Entsprechend enttäuschend fällt die Bilanz der Inhaber der vielen Boutiquen aus.
„Für einen Besuch in unserer Boutique haben wir nur ein paar Vormerkungen für den Nachmittag. Sicher flanieren am Samstag mehr Leute als unter der Woche, aber nur wenige kommen ins Geschäft, um zu kaufen“, beschreibt ein Boutiqueinhaber im Zentrum von Mailand den wenig erfreulichen Verlauf des ersten Einkaufssamstags der Post-Lockdown-Ära.
„Wir sind seit einer Stunde offen und haben bisher lediglich 90 eintretende Personen gezählt. An einem normalen Samstag hätten wir hingegen im selben Zeitraum bereits 400 Eintritte erreicht“, meint ein Verkäufer eines großen Sportfachgeschäfts. Die seit dem Bestehen der Covid-19-Einschränkungen gewohnten Schlangen vor den Supermärkten sind bestenfalls vor ein paar Kleidergeschäften mit sehr preisgünstiger Mode zu finden.
Fase 2, a Milano si torna a fare shopping: in vetrina manichini con la mascherina https://t.co/MFykCFGhrt
— Anna Carla Perrone (@annac82) May 23, 2020
Dieses Bild ändert sich nicht einmal in der berühmten Galerie von Mailand. Die sowohl bei den Mailändern als auch bei den Touristen beliebte, überdachte Flaniermeile in der Nähe des Domplatzes von Mailand ist verglichen zu früher fast verwaist. Viele alteingesessene Restaurants und Kaffees, die sich früher vor Kunden kaum retten konnten, ziehen es heute vor, gar nicht erst zu öffnen, was die gesamte, fast menschenleere Galerie von Mailand fast noch trauriger erscheinen lässt, als sie es zur Zeit des Lockdowns war.
Il fotoconfronto: la Galleria di Milano durante la Fase 1 e nel primo giorno di Fase 2 https://t.co/1Nr7lne1A3 via @repubblica
— Renata Milano (@MilanoStremitz1) May 22, 2020
Kaum anders ist die Lage auf dem Wochenmarkt. Dort, wo in den vergangenen Jahren am Samstag großes Gedränge herrschte, sodass die Menschen kaum von einem Verkaufsstand zum nächsten gelangen konnten, sind heute nur ein paar neugierige, aber kaum kaufwillige „Kunden“ zu sehen. „Ich bin hier seit 52 Jahren und hoffe auf einen Wirtschaftsaufschwung, aber ich sehe, dass die Leute kein Geld in der Tasche haben“, so ein alteingesessener Wanderhändler. „Die Leute kommen noch nicht, weil sie laut meiner Ansicht noch Angst haben. Sie geben auch kein Geld aus, weil viele von ihnen ihre Arbeit verloren haben“, pflichtet ihm sein Kollege vom Nachbarstand bei.
La situazione al mercato di via Papiniano a #Milano non prevede grandi distanziamenti.. pic.twitter.com/7mOOArLGcu
— Michele Gazzetti (@michgazz) May 23, 2020
Die Befürchtung ist groß, dass viele Einzel- und Wanderhändler die Krise nicht überleben und ihren Laden oder Standplatz auf dem Markt aufgeben werden. Als Folge der Pandemie und ihrer wirtschaftlichen Folgen rechnen Experten mit einer Verödung der Innenstädte und warnen vor den sozialen Folgen eines solchen Szenarios. „Viele Menschen werden ohne Arbeit sein. Es ist eine soziale Bombe“, so das traurige Fazit eines Wirtschafts- und Sozialforschers.